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Hardcore-Pornos im Computer-Raum

■ An Fachbereichen der Uni vertreiben sich Studenten mit pornographischen Computerbildern die Zeit

Die 34jährige Biologiestudentin Gabriele S. traute ihren Augen nicht, als sie unlängst in den Computerraum des Fachbereichs Physik an der Technischen Universität (TU) kam. Auf einem Bildschirm flimmerte eine nackte Frau auf allen vieren hockend, auf der ein Mann lag. Der große Busen und das Schamhaare der Frau waren deutlich sichtbar. »Ich war völlig schockiert«, berichtete Gabriele S. Als sie den Studenten versuchte, zur Rede zu stellen, habe dieser »dreckig gelacht« und das Programm schnell vom Bildschirm verschwinden lassen. Gabriele S. schrieb eigenen Angaben zufolge einen Brief an den Dekan des Fachbreichs Physik und an die Frauenbeauftragte der TU, in dem sie diese aufforderte, der Sache nachzugehen und zu verhindern, daß sich Studenten mit »frauenverachtender Pornographie« auf Kosten der Steuerzahler in der Universität die Zeit vertreiben.

Der Dekan des Fachbereichs Physik, Jürgen Sahm, erklärte gestern auf Nachfrage der taz, er höre zum ersten Mal von einem solchen Vorfall im Computerraum seines Instituts. Daß Physikstudenten sich Pornobilder auf die Monitore holten, sei hier seines Wissens noch nicht vorgekommen. Sahm räumte aber ein, daß er aus anderen Fachbereichen schon davon gehört habe.

Alle Fachbereiche der Freien Universität (FU) und TU sind mit Computern ausgestattet, die über ein großes Rechnernetz miteinander verbunden sind. Für Kenner ist es nicht schwierig, sich in das Berliner Netz sowie in das Bundes- und internationale Netz einzuklinken. Daß versierte Hacker selbst in die geheimsten Datenbänke eindringen können, ist schon lange keine Neuigkeit mehr.

Nach Angaben des Phsyik-Dekans Sahm gebe es kaum Möglichkeiten zu verhindern, daß Studenten und Institutsangestellte Pornoprogramme abriefen, sofern diese den Code des Anbieters kennen würden. »Das einzige, was wir tun können, ist die Kontrolle in den öffentlichen Computerräumen der Universität zu vergrößern«, sagte Sahm mit Hinweis darauf, daß er deshalb schon mit dem Verantwortlichen seines Fachbereichs Rücksprache gehalten habe. Man sei aber übereingekommen, die Angelegenheit diskret zu handhaben, um die Studenten durch einen großen Rummel nicht erst auf solche Ideen bringen.

Auch Professoren sind dabei

Was der Dekan Sahm bis gestern nicht wußte: Die Pornos im Uni- Computer sind schon längst publik. Einen wesentlichen Beitrag dazu hat die Frauenzeitschrift 'Emma' in ihrer Dezemberausgabe geleistet. »Emma enthüllt: Auch deutsche Professoren und Studenten sind beim Porno-Network dabei«, lautete die Schlagzeile. An 1.297 deutschen Uni-Computern würden tagtäglich Hardcore-Pornos konsumiert. Dabei handele es sich nicht nur um gestrichelte und fotographische Obzönitäten sondern auch um »bewegte Bilder« wie die Gruppenvergewaltigung einer gefesselten Frau: Bilder von Frauen, die zum Sex mit Tieren gezwungen, am Dehspieß gegrillt, mir brennenden Kerzen oder Eisenstangen gequält würden.

Dasselbe gelte für pornographische Texte, die grundsätzlich in Englisch abgefaßt seien. Sie beständen entweder aus Anfragen: »Wie kann ich meine Freundin am besten fesseln?« — »Meine Freundin ist allergisch auf Gummi, was soll ich tun?« — »Ich hasse den Geschmack von Menstruationsblut — Wer hat eine Idee?«. Oder, so 'Emma', aus verbalen Ergüssen der unterschiedlichsten Art. Opfer der Gewaltphantasien seien neben Frauen auch Schwule oder Kinder.

Nicht nur viele Studenten sondern auch honorige C-4 Professoren und Dozenten vertreiben sich laut Emma an der Uni die Zeit, indem sich aus der elektronischen Informationsbörse USENET pornographische Datein abriefen. USENET sei ein wissenschaftliches Programm, daß in Deutschland von den Universitäten Stuttgart, Ulm, Berlin, Leipzig sowie der Bundeswehrhochschule in München benutzt werde. Die bewegten Pornobilder aus den USA — wo die Uni-Porno-Networks zuerst aufgeflogen seien — um den Globus zu jagen, kostet laut 'Emma' jeden Monat rund 100.000 Mark.

Der Dekan Sahm wußte gestern nicht zu sagen, ob am Fachbereich Physik das USENET für wissenschaftliche Zwecke verwendet wird. Er sei aber nicht gewillt, pornographische Programme in den öffentlichen Räumen der UNI zu dulden, kündigte Sahm an. Plutonia Plarre

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