Harald Keller Der Wochenendkrimi: Friesenkrimis so weit das Auge reicht – dieser überzeugt mit stimmigen Figuren
Eigentlich müssten die Ostfriesen bereits ausgemeuchelt sein. Seit der Schriftsteller Klaus-Peter Wolf, der zuvor mit Jugendbüchern und sozialkritischen Romanen hervorgetreten war, 2007 mit „Ostfriesenkiller“ einen Bestseller landete und die Geschichte seiner Ermittlerin Ann Kathrin Klaasen jährlich fortschreibt, hechten immer mehr Trittbrettfahrer in seine Fußstapfen. Friesenkrimis, so weit das Auge reicht. Und in Friesland reicht es sehr weit. Die Einworttitel wie „Ostfriesenblut“, „Ostfriesengrab“, Friesen-Dings, Friesen-Bums, werden langsam knapp. So kommen dann allerlei sprachliche Albernheiten zustande.
Aber ob Nonsens oder nicht, der Friese im Titel zahlt sich aus. Wer bei den Internet-Kaufläden nach Wolfs Büchern sucht, stößt automatisch auf die Nachahmer. Die werden dann auch mal gekauft, vor allem die preiswerten E-Books. Wenn das Buch nichts taugt, hält sich der Ärger in Grenzen.
Dem ZDF darf man zugute halten, dass es recht früh zur Stelle war. Seit 2013 schon bedient es die Nachfrage mit der durchaus erfreulichen Reihe „Friesland“. Zusätzlich hat sich der Sender die Rechte an Wolfs Ostfriesland-Zyklus gesichert. Gemessen am Auftaktfilm „Ostfriesenkiller“ geht man dabei ambitioniert zu Werke. Drehbuchautor Florian Schumacher und Regisseur Sven Bohse nehmen die Landschaft, wie sie ist, und widmen sich intensiv den Figuren. Nützlich dabei, dass sich das Leben der wiederkehrenden Protagonisten in den Romanen bereits in Fortsetzungen über einen längeren Zeitraum nachverfolgen lässt.
Im Zentrum steht die von Christiane Paul trefflich verkörperte Kommissarin Ann Kathrin Klaasen. Zu Beginn der Erzählung steckt sie in der Krise. Ihr Mann betrügt sie, verlässt sie und nimmt dann auch noch das gemeinsame Kind mit. Ferner macht Klaasen immer noch der gewaltsame Tod des Vaters zu schaffen. Sie ist besessen von dem Gedanken, den unbekannten Mörder zu fassen.
Dienstlich geht sie dem Mord an dem Leiter einer Behinderteneinrichtung nach. Ulf Speicher (Michael Sideris) war ein Filou und windiger Geschäftemacher. Nicht jede Person in seinem Umfeld betrachtet sein Ableben durch einen Tränenschleier. Dieser Windhund dürfte frei erfunden sein, aber manche Randfiguren in Wolfs Romanen und damit auch in den Filmen haben reale Vorbilder. Die durften, so hatte Wolf es zur Bedingung gemacht, bei der Besetzung ihrer Parts mitreden. Vielleicht sind die Figuren deshalb mehrheitlich so stimmig geraten.
„Ostfriesenkiller“, Sa., 20.15 Uhr, ZDF
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen