Happy-End in der 2. Liga?

■ Wolfgang Kneib, ehemaliger Europa-Cup-Sieger, möchte als 37jähriger endlich einmal aufsteigen: in die 2. Liga

Bielefeld (taz) - 23. Mai 1979. Durch ein 1:0-Sieg gegen Roter Stern Belgrad gewinnt Borussia Mönchengladbach das Finale um den UEFA-Cup. 50.000 Zuschauer im Düsseldorfer Rheinstadion umjubeln Keeper Wolfgang Kneib, der mit seinen Paraden die jugoslawischen Stürmer zur Verzweiflung treibt.

Szenenwechsel. 24. Mai 1990. Im Auswärtsspiel beim Nordzweiten TSV Havelse will Arminia Bielefeld wichtige Punkte für den Aufstieg in die zweite Liga holen. Im Arminia -Tor: Wolfgang Kneib.

Zwei Spiele, symbolisch für die Karriere eines Mannes, der von den Höhen der Europacup-Feste in die tristen Niederungen westfälischer Dorfsportplätze verbannt wurde und dennoch nichts von seinem Können eingebüßt hat. Sein sportlicher Weg verließ alles andere als geradlinig. Als junger Torwart bei Mainz 05 hatte er seine Profiambitionen schon aufgegeben, nachdem der Club 1975 die Zweitliga-Lizenz abgeben mußte. Kneib spielte fortan als Amateur in Wiesbaden und kümmerte sich um seine Ausbildung als Versicherungskaufmann.

Doch dann verpflichtete Borussia Mönchengladbach den 1,96 m langen Pfälzer als Ersatztorwart. Und seine Chance kam schnell: Stammtorwart Kleff verletzte sich und Trainer Udo Lattek stellte Kneib auf.

Gleich in seiner ersten Bökelberg-Saison wurde Kneib Deutscher Meister. Im Europacup der Landesmeister kam die „Fohlenelf“ bis ins Finale gegen Liverpool (1:3). 1978 holte Gladbach erneut den nationalen Titel, dem UEFA-Cup-Sieg von 1979 folgte 1980 erneut die Final-Teilnahme gegen Eintracht Frankfurt. Jedesmal dabei: Wolfgang Kneib, der bei der 0:1 -Niederlage im Waldstadion zum letzten Mal im Borussentor stand.

Denn inzwischen hatte Trainer Jupp Heynckes den Meistermacher Lattek abgelöst. Und holte seinen besten Freund Kleff von Hertha BSC zurück. Ablösefrei, so hatte es der clevere Gladbacher Manager Graßhoff in Kleffs Vertrag vereinbart. Durch Kneibs Transfer wurde die defizitäre Gladbacher Kasse gefüllt.

Er wechselte zu der nach Uli Steins Abgang hüterlosen Arminia Bielefeld, damals gerade in die Bundesliga aufgestiegen, wo er seinen alten Bökelberg-Gefährten Ewald Lienen wiedertraf. Der politisch engagierte Lienen brachte die halbe Bielefelder Mannschaft dazu, Aufrufe der Friedensbewegung und gegen die Volkszählung zu unterschreiben.

Sportlich ging es für Wolfgang Kneib nach ersten Erfolgen wieder bergab. Beim Vertragspoker legte ihn der mit allen Wassern gewaschene Arminen-Manager Müller 1982 herein. Kneib lernte daraufhin ein Arbeitsamt von innen kennen. Mit ungewissen Zukunftsaussichten und 1.700 Mark Stempelgeld trainierte er bei einem Landesligisten mit.

Doch nach einer Saison holte ihn Trainer Horst Köppel auf die „Alm“ zurück. Doch Manager Müller hatte den Club inzwischen heruntergewirtschaftet. Die besten Spieler mußten abgegeben werden, die Mannschaft stieg 1985 aus der ersten und 1988 sogar aus der zweiten Liga ab. Als Zweitligist mußte Kneib sogar gelegentlich als Mittelstürmer aushelfen, da der mit vier Millionen Mark verschuldete Verein alle Offensivkräfte verkauft hatte.

Doch das ist für den zweifachen B-Nationalspieler Schnee von gestern. Unter dem neuen Trainer Ernst Middendorp erlebt Bielefeld eine Fußball-Renaissance. Zum Abschluß einer souveränen Saison will das Team seinen Fans, am Sonntag gegen Oldenburg waren es 15.000, die Rückkehr in den Profifußball präsentieren. Für dieses Ziel schindet sich der mittlerweile 37jährige Kneib beim täglichen Training. Statt vor stimulierenden Bundesligakulissen hielt er sein Tor in Buer-Hassel, Beckum und Wanne-Eickel sauber.

Aber eins ist Kneib in seiner langen Karriere noch nicht gelungen: ein Aufstieg. Doch 3:1-Punkten aus den beiden ersten Aufstiegsspielen lassen hoffen - auf ein Happy-End der Wolfgang-Kneib-Story in der zweiten Liga.

Roger Krenz

Aufstiegsrunde zur 2. Liga: Bielefeld - Oldenburg 2:2, Wuppertal - Reinickendorfer Füchse 4:1, Reutlingen - Mainz 0:1, Schweinfurt - RW Frankfurt 0:0