Hansewasser: Privatisierung hat sich gelohnt
Vor zehn Jahren wurde Bremens Abwasser-Entsorgung privatisiert. "Hansewasser" ist für die Bremer preisgünstig und will jetzt auf Wachstumskurs gehen
Vor zehn Jahren hat die Stadt Bremen den Abwasser-Bereich ihrer Entsorgungsbetriebe privatisiert - stolz präsentierten die Chefs der damals gegründeten Firma "Hansewasser" gestern ihre Bilanz: Die Abwasser-Gebühren sind seitdem stabil geblieben, und Hansewasser hat nicht nur jährlich rund zehn Prozent Rendite auf den Kaufpreis von 112 Millionen Euro verdient, sondern auch 15 Millionen Mehrwertsteuer. Und das bei einem Umsatz von maximal 87,6 Millionen Euro - im Jahre 2007.
Im Vergleich mit den 20 größten Städten Deutschlands sind die Abwassergebühren in Bremen erstaunlich gering - während sie andernorts seit 1999 um 17 Prozent stiegen, betrug der nominelle Anstieg in Bremen nur 4,9 Prozent - trotz einer Inflationsrate von rund 20 Prozent. Hansewasser-Geschäftsführer Jürgen Schoer führt das darauf zurück, dass andere Kommunen nicht den Schritt in die Privatwirtschaft gewagt haben. Bei Hansewasser habe man durch ein Prämiensystem die Motivation der rund 400 MitarbeiterInnen gestärkt, auch sei durch den Einsatz elektronischer Informationsübermittlung in den vergangenen Jahren vieles effizienter geworden. Hansewasser setzt auch bei der Kläranlage Seehausen auf moderne Technologien: Die Hälfte des Energiebedarfs - immerhin 25 Millionen Kilowattstunden im Jahr - wird durch "erneuerbare" Energiequellen abgedeckt. Dazu gehört Biogas - "netwaste to energy" im Fachjargon, aber auch eine alte Windenergie-Anlage. Wegen der Pläne, vier kleine Windräder in Seehausen durch eine große Windanlage mit deutlich höherer Leistung zu ersetzen, liegen die Unternehmensinteressen im Clinch mit den Anwohnern.
Dass für die Entsorgung der Abwässer 2.300 Kilometer Kanalnetz unterhalten werden müssen, fällt immer dann auf, wenn irgendwo gebaut wird: Derzeit in Findorff, wo der große Sammler bei der "Inspektion" als baufällig auffiel. Demnächst muss der Kanal unter dem Osterdeich zwischen Theatergarage und Sielwall saniert werden.
Die Stadt Bremen hat eine vertragliche Revisionsklausel nach zehn Jahren genutzt, um den Preis für die Abwasserentsorgung um fünf Millionen Euro zu drücken. Kompensieren will Hansewasser das durch eine ehrgeizige Wachstums-Strategie: In den kommenden Jahren sollen im norddeutschen Raum kleinere Kommunen und vor allem Industriebetriebe vom Know-how von Hansewasser überzeugt werden. Bis zum Jahre 2015 könnte damit der Umsatz des Unternehmens um 50 Prozent steigen. Gerade durch seine Erfahrungen mit moderner Abwasserbehandlung sieht der technische Geschäftsführer Jörg Broll-Bickhart gute Chancen, neben der Kommune Bremen andere "Kunden" zu gewinnen.
Nach 30 Jahren, also am Ende des Jahres 2028, hat die Kommune die Möglichkeit, die Privatisierung rückgängig zu machen und den modernisierten Abwasserbetrieb zu übernehmen. Falls kommunale Firmen dann immer noch von der Mehrwertsteuer befreit sind, könnte Bremen damit auf einen Schlag 15 Millionen Euro sparen - diese Steuer fließt nicht in die Bremer Kasse, sondern zum Bund.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!