Handelskammer päppelt CDU

Obwohl Industrie- und Handelskammern zur Neutralität verpflichtet sind, spendete eine Dortmunder IHK-Tochter der CDU Wahlkampfgelder – veranlasst vom künftigen Hauptgeschäftsführer

VON MIRIAM BUNJES

René Scheer ist strammer CDUler: Der letzte Kommunalwahlkampf in Dortmund war ihm deshalb auch 26.000 Mark wert – Geld, das aus der Firmenkasse der Gesellschaft für Informationsverarbeitung (GfI) stammt, deren Geschäftsführer Scheer bis 1999 war. An und für sich ein legitimer Vorgang. Nur: Die GfI gehört mehrheitlich dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) – dem Dachverband aller deutschen Kammern. Und auch die Dortmunder Industrie- und Handelkammer hält Anteile am Software-Unternehmen. Die GfI darf also nicht politisch agieren, denn in Deutschland sind Kammern schon seit den 1970er Jahren zur strikten Neutralität verpflichtet.

Der Verein der IHK-Verweigerer geht deshalb jetzt auf die Barrikaden: „Es ist unglaublich, dass eine Institution, deren Mitgliedschaft nicht freiwillig ist, jetzt auch noch in die Kommunalpolitik eingreift“, sagt Axel Pestel, Vorstandvorsitzender des Vereins – und als Unternehmer selbst Mitglied der Industrie- und Handelskammer zu Dortmund. „Ich möchte mit meinem Beitrag nicht die CDU im Wahlkampf unterstützen“, sagt er. „Hier in Dortmund kann ich mir das offenbar nicht aussuchen.“

Dagegen wollen die Kammer-Gegner sich auch gerichtlich wehren. „Wir lassen zur Zeit beim Verwaltungsgericht feststellen, ob die CDU-Spende rechts- und verfassungswidrig war“, sagt der vom Verein beauftragte Rechtsanwalt Michael Kleine-Cosack.

Dass sie das ist, fürchtet inzwischen auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag. „Die Zahlung der Spenden war falsch“, schreibt der DIHK-Hauptgeschäftsführer in einer Presseerklärung. Der Industrie- und Handelskammertag vertrete die Auffassung, „dass Wahlkampfspenden durch IHKs und Gesellschaften, an denen die Kammern oder der DIHK maßgeblich beteiligt sind, nicht vom gesetzlichen Auftrag der IHKs abgedeckt sind.“

Auch die IHK Dortmund distanziert sich inzwischen vom Vorgehen der Gesellschaft für Informationsverarbeitung. „Wir haben nie Parteien finanziell unterstützt und dieser Grundsatz gilt auch für die Zukunft“, betonte Klaus Günzel, Hauptgeschäftsführer der Dortmunder Kammer auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz. „Deshalb können wir keine der getätigten Spenden billigen.“

Die Finanzspritze an die Dortmunder CDU war offenbar nicht die einzige, die René Scheer als Geschäftsführer der GfI gespendet hatte. 1998 gab es bereits schon eine. Diesmal flossen 6.000 Euro vom Firmenkonto in den Bundeswahlkampf der CDU.

„Der Aufsichtsrat wird sich in den kommenden Wochen mit der Materie beschäftigen“, teilt Klaus Günzel mit. Man wolle nämlich weiterhin „ein Garant für Objektivität“ sein.

Schwierig daran ist nur, dass Klaus Günzel in wenigen Monaten sein Amt an René Scheer abtritt. Zum 1. Juli 2004 soll der bekennende CDUler an der Spitze der neutralen Kammer stehen. Die IHK sieht in dessen Spendenpraxis kein Problem. „Wir haben keinen Grund, Scheer sein Vorgehen in Hinblick auf sein zukünftiges Amt vorzuwerfen“, sagt auch Winfried Materna, Präsident der IHK Dortmund. „Wir haben uns erst kürzlich wieder von seiner parteilichen Neutralität überzeugen können.“ Auch dagegen will der Verein der IHK-Verweigerer vorgehen. Bis zum Verfassungsgericht. „Scheer hat seine Glaubwürdigkeit verspielt“, sagt Axel Pestel.