Handel mit Derivaten: Vermindertes Risiko
Der unkontrollierte Handel mit Derivaten gilt als ein Hauptauslöser der Finanzkrise 2008. Die EU will diesen kontrollieren – doch die Londoner City bleibt ungeschoren.
BRÜSSEL taz | Die EU will Spekulanten an den Finanzmärkten weitere Fesseln anlegen. Nach dem weit reichenden Verbot sogenannter Leerverkäufe geht es nun um den außerbörslichen Handel mit Derivaten, mit denen Wetten auf vorab vereinbarte Kurse, Preise oder Ereignisse getätigt werden können. Bis zum Jahresende sollen neue Regeln stehen, die den ungezügelten Handel mit den riskanten Papieren stoppen sollen. Darauf einigten sich die EU-Finanzminister in Luxemburg - allerdings nur im Grundsatz. Jetzt müssen noch die technischen Details ausgearbeitet werden; und das Europaparlament muss zustimmen.
Die Straßburger Kammer hatte sich bereits im Frühjahr für eine Überwachung aller Derivate ausgesprochen. Der Kompromiss der Finanzminister sieht nun vor, den außerbörslichen Handel mit Derivaten und Kreditausfallversicherungen zu überwachen. Dazu wird ein Transparenzregister eingerichtet. Außerdem sollen "standardisierte" Derivate künftig über eine zentrale Abwicklungsstelle ("Clearingstelle") verarbeitet werden. Damit will man verhindern, dass einzelne Marktteilnehmer mit ihrer Pleite das gesamte Finanzsystem gefährden können.
Der unkontrollierte Handel mit Derivaten gilt als ein Hauptauslöser der Finanzkrise 2008. Weltweit beläuft sich der Handel auf schätzungsweise 500 Billionen Dollar. Nach Angaben der EU-Kommission werden 80 Prozent der Papiere direkt zwischen Vertragspartnern gehandelt, ohne jegliche Kontrolle. Die Überwachung der Geschäfte ist ein Ziel, auf das sich die G-20-Staaten bereits im September 2009 verpflichtet haben.
Während die USA bereits gehandelt haben, war die EU in Verzug. Als Aufsichtsbehörde ist nun die neue europäische Wertpapieraufsicht ESMA mit Sitz in Paris vorgesehen. Die Briten hatten den Kompromiss lange blockiert, setzten sich aber nicht in allen Punkten durch.
Dennoch sprach Großbritanniens Finanzminister George Osborne von einem Erfolg. In den meisten Fällen werde die Kontrolle weiterhin bei den nationalen Behörden liegen, sagte er. London könnte damit seine führende Position im Derivatehandel verteidigen. In der City werden rund 75 Prozent der europäischen Geschäfte auf diesem Markt getätigt.
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