■ Hamburgs SPD hat einen neuen „Kooperationspartner“: Voscherau pur
Henning Voscherau darf zufrieden sein. Die sogenannte Kooperationsvereinbarung zwischen Hamburgs SPD und den Politik-Neulingen von der Statt Partei unterscheidet sich noch nicht einmal ansatzweise von dem, was der Senatschef schon im Wahlkampf als für ihn einzig akzeptablen Wahlausgang bezeichnet hat: „Rot pur.“ Er meinte damit allerdings eher Voscherau pur als SPD pur. Taktisch versiert hat er nach seiner Niederlage im Landesvorstand seiner Partei – die ihn im Oktober zu Verhandlungen mit den Grünen gezwungen hatte – zunächst die rotgrünen Verhandlungen an die Wand fahren lassen, um doch noch seine grauen Wunschpartner an den Verhandlungstisch holen zu dürfen. Und ab diesem Zeitpunkt lief alles wie geschmiert.
Gegen die eher konservativ orientierte Standortpolitik des Bürgermeisters samt der von den Grünen heftigst bekämpften Großprojekte Hafenerweiterung und Bau der vierten Elbtunnelröhre hatte die bürgerlich geprägte Statt Partei ohnehin nichts einzuwenden. Deren primäre Verhandlungsziele – restriktivere Finanzpolitik und Verwaltungsreform – wurden ins nächste Jahr vertagt. Wenig wahrscheinlich, daß sich die Statt Partei dann – angesichts durch und durch sozialdemokratisch strukturierter Behörden – gegen Voscherau durchsetzen kann. Selbst beim Thema Hafenstraße drückte Voscherau, wenn auch in letzter Minute, noch seine „Lösung“ durch.
Was bleibt da noch für Markus Wegner? Ein bißchen rhetorisches Blendwerk: Der Koalitionsvertrag heißt jetzt Kooperationsvertrag, unterscheidet sich aber de facto nicht von herkömmlichen Koalitionsverträgen. Die angestrebte Verfassungs- und Verwaltungsreform wurde zu Punkt eins der Vereinbarung – inhaltlich gab es keine Abstriche von bestehenden SPD-Positionen. Und es bleibt natürlich ein bißchen Hoffnung. Hoffnung darauf, daß die Statt Partei im Laufe der kommenden vier Jahre, mit etwas mehr Politik-Erfahrung, vielleicht doch jenes eigene, von den etablierten Parteien unterscheidbare Profil zurückgewinnen kann, das man in nur zwei Verhandlungswochen von Voscherau hat schleifen lassen. Dazu müßte die Statt Partei allerdings auch in der Regierungsverantwortung ihre im Wahlkampf versprochene konsequente Kontrollfunktion wahrnehmen und den Anspruch erfüllen, Regierungshandeln „vor der Entscheidung“ transparenter zu machen. Gelingt dies nicht, dürfte die Chance, die bürgerlich-konservative Parteienlandschaft von der Mitte her aufzubrechen, sehr schnell an einem schlechten Beispiel vertan sein. Eine zweite FDP ist – nicht nur in Hamburg – verzichtbar. Uli Exner
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