: Hamburger Uni drömelt vor sich hin
■ Podiumsdiskussion: Alle lehnen Sanktionen gegen Langzeit-Studies ab Von Kaija Kutter
In einem waren sich der Senator, die Uni-Vizepräsidentin, der SPD-Hochschulspezialist und der Juso Giudo Meyer einig: Eine radikale Studienreform mit Zwangs-Exmatrikulation und Studiengebühren für länger Studierende, wie sie das Eckdatenpapier der Bund-Länder-Kommission zur Vorbereitung des Bildungsgipfels im Dezember vorsieht, soll es für Hamburg nicht geben. Kultusministerbeschlüsse müssen einstimmig herbeigeführt werden, betonte Wissenschaftssenator Leonhard Hajen zu Beginn einer Podiumsdiskussion der Juso-Hochschulgruppe am Mittwoch abend. Da er in derlei Sanktionsmaßnahmen keine Lösung der Hochschulmisere sehe, werde es mit ihm keine Umsetzung dieser Pläne geben. Darüber hinaus sei das Thema ein uralter Hut. Bereits Ende der 70er Jahre wurden in Hamburg Regelstudienzeiten vonacht bis zehn Semestern festgelegt, die, so Uni-Vizepräsidentin Barbara Vogel, von Zwei Dritteln der Studierenden auch eingehalten würden.
Das war's dann aber schon mit Gemeinsamkeiten auf der sozialdemokratischen Vorwahlkampfdiskussion. Anschließend flogen die Fetzen. Denn eine Studienreform, wie sie Anfang der 70er und der 80er stattfand, wird von allen Beteiligten als überfällig eingeklagt. Hochschulautonomie, so betonte Hajen wieder einmal, sei ein hohes Gut. „Nur was macht der Staat, wenn die Hochschule so vor sich hindrömelt?“ Die vielgepriesene Verbesserung der Qualität der Lehre komme zu langsam in Gang. „Deshalb ist Druck nötig.“ Und der wurde in den letzten Wochen denn wohl auch mehrfach ausgeübt. So hat die Deputation der Wissenschaftsbehörde die Berufung zweier ProfessorInnen im Fachbereich Erziehungswissenschaft gestoppt, weil sie „die Schule nur aus ihrer Schulzeit kennen“ (Hajen) und folglich für die Lehrer-Ausbildung nicht geeignet seien. Auch hat die Deputation einen Anforderungskatalog für Berufungen von Hochschullehrern aufgestellt, der eine Lehrprobe mit anschließender Bewertung durch die Studierenden beinhaltet.
Nach Einschätzung von Barbara Vogel wird eben dieses Vorgehen „den ganzen Widerstand an der Uni mobilisieren“. Es stehe außer Frage, daß die Uni in den nächsten Monaten ihre Reformbereitschaft beweisen müßte. Vogel: „Der Dissens besteht darin, wer die Hausaufgaben macht“.
Die bei der Podiumsdiskussion anwesenden Lehrer-Studenten hatten indes gar kein Verständnis für den Stopp der Berufungen. Ihnen fehlen schlicht zwei Profs. Auch an anderen Fachbereichen ging der Versuch, die Lehre zu verbessern, nach hinten los. So werden Eingangsvorlesungen bei den Wirtschaftswissenschaftlern seit neuestem nicht mehr von Dozenten, sondern von Professoren selbst gehalten. Die Folge, so klagte eine Wiwi-Studentin: Wegen fehlender Professoren sitzen die Erstsemestler wieder zu 300 in einem Saal.
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