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Hamburger Szene von alexander diehlDreifacher Klagegesang

Die Frau hinterm Tresen will sich den Verantwortungsschuh aber nicht anziehen

Unmöglich“ sei das, sagt die Frau mit dem süddeutschen Tonfall. Über das anschwellende Weinen eines kleinen Kindes redet… nein, jetzt schreit sie eher in Richtung der Frau hinter dem Snack- und Getränketresen: Man sei doch noch „mitten beim Aussteigen“ gewesen, da sei schon diese Brücke hochgefahren worden, über die es auf das Schiff geht beziehungsweise hinunter davon. Und nun stehe ein Teil der Familie an Land, und der andere habe weiterfahren müssen, so was sei, genau: „unmöglich“!

Es ist einer dieser spätsommerlich-freundlichen Nachmittage, an einem Werktag, aber trotzdem sind viele Touristen an Bord des Schiffes, das gerade von Finkenwerder aus die Elbe überquert hat. An die Frau hinterm Tresen richtet die empörte Passagierin wohl deshalb ihre Klage, weil sie in der Angesprochenen die einzig halbwegs offiziös wirkende Person an Bord erkannt hat, abgesehen vom Kapitän, aber der ist ja oben auf der Brücke und unerreichbar.

Trotz Reederei-Bluse will die Frau hinterm Tresen sich den Verantwortungsschuh aber nicht anziehen lassen: Sie könne ja dem Kapitän „keine Befehle“ geben und überhaupt auch „gar nichts machen“ – die andere müsse an den Landungsbrücken „zur Hadag gehen und sich beschweren“, bei der Betreibergesellschaft also. Dafür, dass sie ja gar nicht zuständig sein will, redet sich die Frau hinterm Tresen dann aber geradezu in Rage: Die Leute müssten halt auch mal rechtzeitig in Richtung Ausgang gehen, nicht erst dann, wenn man schon anlege, man sei schließlich ein Linienschiff, habe einen Fahrplan und , das sei wie in Bus oder Bahn, bloß sei halt diese Brücke zum Ein- und Aussteigen nicht so schnell ein- und ausgefahren wie etwa die Türen der U-Bahn sich schließen.

„Linienschiff“ muss ihr Einsatz gewesen sein: Drei junge Männer geben sich als „Arbeiter“ zu erkennen und stimmen ihr ganz eigenes Klagelied an: „Manchmal drei Fähren lang“ müssten sie warten, ehe sie übersetzen könnten nach Feierabend – weil die Schiffe voll seien mit Leuten, „die daraus eine Hafenrundfahrt“ machten, und überhaupt sei das doch das, wovon man „eine dicke Krawatte“ bekomme.

Das Schiff steuert die Landungsbrücken an. Auf dem Kai weht ein Prospekt der städtischen Tourismus-GmbH vorbei: Der Kauf einer „Hamburg Card“ beschert – neben Rabatten in Museen und Gastronomie – auch „Freie Fahrt mit Bus, Bahn und Hafenfähren“.

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