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HamburgJeder Zweite fliegt von Kunsthochschule

Hamburgs Kunsthochschule schmeißt die Hälfte ihrer Studierenden raus. Grund: Sie weigern sich, 500 Euro Studiengebühr zu zahlen.

Auf Zwangsexmatrikulationen gedrängt: Hamburgs Wissenschaftssenator Jörg Dräger Bild: dpa

HAMBURG taz Hamburgs Hochschule für Bildende Künste (HfBK) hat am Montag an 269 Studierende Zwangsexmatrikulationen verschickt, weil sie keine Studiengebühr zahlen. Gedrängt von Hamburgs parteilosem Wissenschaftssenator Jörg Dräger hatte HfBK-Präsident Martin Köttering sich zu diesem Schritt entschlossen. Er halte es für fraglich, ob dies "das probate Mittel" sei. Eine "rechtsaufsichtliche Feststellung" der Wissenschaftsbehörde lasse ihm aber "keinen Spielraum".

Damit geht eine Zitterpartie zu Ende, die Mitte Juni begann, als die Boykottkampagnen der größeren Hamburger Hochschulen an zu geringer Beteiligung scheiterten und ausgerechnet die bis dato wenig auffällige Kunsthochschule das "Quorum knackte", wie es unter Studierenden heißt. Die Idee war, mindestens ein Drittel der Studierenden zum Boykott zu bewegen, damit der politische Preis für eine Massenexmatrikulation zu hoch wird. Von 571 KunststudentInnen hatten 291 die Zahlung verweigert und die 500 Euro auf das Boykottkonto gezahlt. Inzwischen wurden ein paar von der Gebühr befreit, aber es bleibt dabei, dass die HfBK die Hälfte der StudentInnen verliert.

Allerdings hat der Hochschulpräsident noch ein Schlupfloch eingebaut. Sollten die Studierenden bis Ende September das Geld noch überweisen, würden sie "ohne weitere Voraussetzungen wieder immatrikuliert". Ein Angebot, das mit der regierenden CDU abgestimmt war, unterbreitete diese doch am selben Tag denselben Vorschlag.

Köttering und seine 27 Professoren warnten vor einem "großen kulturellen Verlust" für die Stadt, die "für viele Jahre keinen künstlerischen Nachwuchs mehr haben wird". Da mit Ausnahme der Kunstakademie München die anderen renommierten Kunsthochschulen in Berlin, Frankfurt und Düsseldorf keine Gebühr nehmen, sei die Wettbewerbsfähigkeit der Hamburger Kunstschmiede eingeschränkt. In Düsseldorf verschonte man die Kunst vor den Gebühren, obwohl diese in Nordrhein-Westfalen ebenfalls eingeführt wurden.

Hinzu kommt die Etablierung des Bachelor-Mastersystems: Die Länder erlauben allen Kunsthochschulen Ausnahmen, nur der Wissenschaftssenator in Hamburg tut dies nicht. Aufgrund dieser "politischen Vorgaben", klagen die Professoren, sei die Bewerberzahl geschrumpft. Solidarität erfuhr die HfBK vom Deutschen Kulturrat. "Künstler verdienen ohnehin zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel", appellierte Geschäftsführer Olaf Zimmermann an Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU). Selbstständige Künstler verdienten nach drei Berufsjahren nur 10.500 Euro im Jahr. "Davon einen Kredit für Studiengebühren zurückzuzahlen, ist schier unmöglich."

Die Studierenden, die sich jetzt mit Widersprüchen gegen den Rauswurf wehren, möchten nicht, dass nur ihr Künstlerpech thematisiert wird: "Gebühren treffen eine später arbeitslose Mathematikerin ebenso wie einen unterbezahlten Künstler." Nach einem Gutachten ihres Anwalts wäre eine Exmatrikulation frühestes Mitte Oktober möglich, wenn in Hamburg der Wahlkampf beginnt.

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