piwik no script img

Hamburg wählt neu - Keine SPD–CDU–Ehe

■ Gespräche über Große Koalition in Hamburg geplatzt / SPD setzt auf sozialliberales Bündnis / GAL lehnt Neuwahlen ab / Wahlen am 17. Mai

Aus Hamburg Tom Janssen

In Hamburg wird es keine Große Koalition, aber auch keine Zusammenarbeit mit der CDU geben. Dies erklärte gestern SPD– Minderheits–Bürgermeister Klaus von Dohnanyi übereinstimmend mit der SPD–Verhandlungskommission vor der Presse. In drei Briefen an den Bürgerschaftspräsidenten Willich (CDU), den SPD–Fraktionsvorsitzenden Voscherau und den SPD–Landesvorsitzenden Runde forderte der Bürgermeister, die Hamburger Bürgerschaft schnellstmöglich aufzulösen, um noch vor dem Sommer zu Neuwahlen zu kommen. In seiner Erklärung hob Dohnanyi noch einmal ausdrücklich den guten Gesprächsverlauf hervor und bedauerte das Scheitern der Gespräche. Als Gründe führte der Bürgermeister an: - die CDU wolle die Große Koalition, die SPD die Zusammenarbeit unterhalb der Senatsschwelle. - In der Frage des Länderfinanz ausgleichs konnte die Hamburger CDU die Bundesregierung nicht dazu bewegen, eine Gesetzesinitiative einzubringen, die Hamburg mit vergleichbaren Großstädten gleichgestellt hätte. - Auch in Fragen der Umlandförderung und Lohnsteuerzerlegung zugunsten der Stadt wäre mit der CDU keine Einigkeit erzielt worden. - Die Entsorgung von Giftmüll sowie die Regelung des Elbschlickes über den Bund wäre nicht durchsetzbar gewesen. - In Fragen des Arbeitsmarktes und der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit hätte die CDU quergeschossen und im Bundesrat lediglich Enthaltung angeboten. - Der Ausstieg aus der Kernenergie wäre Streitpunkt geblieben, obwohl es eine Annäherung bei praktischen Lösungen gegeben hätte. In einer ersten Stellungnahme bedauerte die CDU das Scheitern der Verhandlungen ebenfalls und warf der SPD vor, die Koalition an vorgeschobenen Fragen zum Scheitern gebracht zu haben. CDU–Oppositionsführer Hartmut Perschau: „Allein aus innerparteilichen Gründen hat sich die SPD einer soliden Zusammenarbeit zum Wohle der Stadt verweigert.“ Mittlerweile hat sich auch die CDU zu Neuwahlen entschlossen. Voraussichtlicher Termin wird der 17. Mai sein. Die GAL begrüßte das Scheitern der Koalitionsverhandlungen, lehnt jedoch Neuwahlen ab. Stattdessen zieht sie eine Tolerierung der SPD oder aber das weitere Regieren mit wechselnden Mehrheiten vor. Fortsetzung Seite 2 Kommentar Seite 4 Schamloses Berlin Du wechselst Namen und Sex Insel im roten Meer Die Hauptstadt der Bastarde Wird nie sterben Komm zu uns in die Stadt der verlorenen Seelen Stadt der Verlorenen Seelen: Rosa von Praunheim Zu Neuwahlen führte Dohnanyi aus: „Ich bin bereit, die Partei erneut in den anstehenden Wahlkampf zu führen. ... Sollte eine eigene Mehrheit nicht erreicht werden, stellen wir schon jetzt fest, daß Tolerierungen für uns nicht in Frage kommen. Sollte eine Koalition erforderlich werden, stellen wir schon jetzt fest, daß die SPD die Wiederbelebung der sozialliberalen Koalition will.“ Gleichzeitig stellte Dohnanyi seinen Rücktritt in Aussicht, als er erklärte, daß er für eine andere als die sozialliberale Koalition nicht zur Verfügung stehe. Fast alle po litischen Beobachter in der Stadt gehen davon aus, daß sich nach Neuwahlen in der Stadt am politischen Kräfteverhältnis der Parteien untereinander nicht viel ändern werde. Möglicherweise wird jedoch die FDP in die Bürgerschaft einziehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen