Halbfinale im Afrika-Cup: Gesten gegen die Gewalt im Land
Die Fußballer der DR Kongo verpassen das Finale beim Afrika-Cup. Ihre Botschaft soll noch lange nachhallen.

Dutzende bewaffnete Gruppen – darunter die berüchtigten M23-Rebellen – plagen seit Langem den mineralreichen Osten des zentralafrikanischen Landes und kämpfen dort um Kontrolle über das Land. „Jeder sieht die Massaker im Ostkongo. Aber alle schweigen“, hatte Cedric Bakambu, Stürmer des Teams, Tags zuvor auf X/Twitter geschrieben. Er forderte: „Sprechen Sie mit der gleichen Hingabe, mit der Sie über den Afrika-Cup sprechen, darüber, was bei uns passiert. Es gibt keine kleinen Gesten.“
Tausende Menschen waren Berichten zufolge am Tag des Halbfinalspiels im Ost-Kongo auf der Flucht vor der Gewalt. Rund um Sake, einer Provinzstadt nahe der Regionalhauptstadt Goma, soll es zu heftigen Kämpfen zwischen der Rebellengruppe M23 auf der einen sowie Regierungssoldaten und Friedenstruppen der Vereinten Nationen auf der anderen Seite gekommen sein. Es geht um das Recht, die Bodenschätze ausbeuten zu dürfen. Z
udem werfen sich die Parteien vor, Bedingungen eines Friedensabkommens, das 2009 geschlossen worden war, nicht eingehalten zu haben. Nach Angaben der Vereinten Nationen hat der Konflikt in den letzten drei Jahrzehnten 6,9 Millionen Menschen zur Flucht gezwungen. Die Demokratische Republik Kongo stehe vor einer der „größten humanitären Krisen der Welt“.
Hilferuf für Flüchtlinge
Bakambus Appell via X/Twitter hatte nach 24 Stunden bereits 1,5 Millionen Leser gefunden. Über die Hälfte der Mannschaft des Kongo hatte schon am Montag mit einem Video auf die Krise im Land aufmerksam gemacht und um finanzielle Unterstützung für die Flüchtenden im Land gebeten. Der Fußballverband hatte am Tag vor dem Halbfinale den Antrag gestellt, die Spieler mit schwarzer Armbinde antreten zu lassen.
Schon seit Turnierbeginn hatten die kongolesischen Spieler immer wieder auf die schwierige Situation in ihrem Land hingewiesen. Umso erstaunlicher ist die sportliche Leistung zu beurteilen, die das Team beim Afrika-Cup abgeliefert hat. Bis zum Halbfinale blieb die Mannschaft des französischen Coaches Sébastian Desabre ungeschlagen. In der Vorrunde setzte sie sich gegen Sambia und Tansania durch, im Achtelfinale schlug man die afrikanische Fußball-Großmacht Ägypten, ehe im Viertelfinale Guinea deutlich bezwungen wurde.
Im Halbfinale aber erwies sich die Mannschaft des Gastgebers als zu stark. Die ganz in orange angetreten „Elefanten“ überrollten ihren Gegner mit beherztem Fußball und jeder Menge Körpereinsatz. Vor allem diesem hatte das kongolesische Team wenig entgegenzusetzen. Von Beginn an sah sich der Kongo in die Defensive gedrängt, eigene Angriffe wirkten halbherzig, waren mit viel zu wenig Überzeugung vorgetragen.
So reichte den Ivorern ein etwas glücklich erzielter Treffer zum Sieg. Der ansonsten schwach auftretende BVB-Stürmer Sebastien Haller hatte eine Flanke von Max Gradel in der 65. Minute volley genommen. Eigentlich hatte er den Ball gar nicht richtig getroffen, aber genau das verlieh dem Ball einen so seltsamen Drall, dass er als Aufsetzer über den kongolesischen Keeper Lionel Mpasi-Nzau hinweg ins Netz flog.
Eine Antwort fand das Team der DR Kongo nicht mehr. „Natürlich sind wir enttäuscht“, räumte Trainer Desabre nach der Partie ein. Rasch kam der Coach allerdings nach dem Spiel auf die Geste seines Teams zu sprechen: „Eine Fußballnationalmannschaft ist eine treibende Kraft für eine Nation. Und heute Abend war es auch unsere Pflicht, darüber zu informieren, was hinter den Kulissen passiert“, fügte er hinzu.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Treibhausgasbilanz von Tieren
Möchtegern-Agrarminister der CSU verbreitet Klimalegende
Ägyptens Pläne für Gaza
Ägyptische Firmen bauen – Golfstaaten und EU bezahlen