: Halali auf Stütze-Bedürftige
■ Senator: „Sozialhilfe-Mißbrauch“ verursacht Haushaltsdefizit
Ins gähnende Sommerloch hinein erhob Hamburgs Justizsenator Klaus Hardraht (parteilos) gestern seine Klage gegen den Mißbrauch von Sozialhilfe. In einem Zeitungsinterview bekundete er, hier gebe es ungenutzte Möglichkeiten, das Defizit in Hamburgs Haushalt zu verringern. Mitarbeiter in den Sozialämter sollten die Anspruchsberechtigung von Sozialhilfe-Empfängern intensiver prüfen und bei „entsprechenden Indizien“ die Hilfesuchenden „vor Ort“ prüfen.
Auf der gestrigen Landespressekonferenz wollte auch Wirtschaftssenator Erhard Rittershaus (parteilos) im Sparwillen nicht zurückstehen. 10 bis 15 Prozent der 100.000 in Hamburg illegal Beschäftigten, so schätzte Rittershaus, entzögen dem Staat nicht nur Steuern, sondern zockten zusätzlich noch Sozialhilfe ab. Auf diese „Doppelverdiener“ will er die Sozialämter ansetzen, die ab 1997 die Ansprüche von Sozialhilfeempfängern intensiver prüfen sollen. Ob und wieviel Geld dadurch gespart werden könne, wußte Rittershaus nicht.
Für die Sozialbehörde spielt der Mißbrauch in der sozialen Hilfe weiterhin jedoch nur eine untergeordnete Rolle, teilte die Behörde gestern mit. Zur Begrenzung der Sozialhilfekosten, die 1995 voraussichtlich 2,26 Milliarden Mark betrügen, habe der Senat bereits Sofortmaßnahmen beschlossen. Außerdem laute die erfolgversprechende Antwort auf Mißbrauch „wirksame Hilfegewährung“.
„Diffamierung und Einschüchterung im Plauderton“ wirft der GAL-Abgeordnete Andreas Bachmann den Senatoren vor. Die Bonner Sparpolitik dränge doch immer mehr Menschen in die Sozialhilfe, und die Hamburger Sozial- und Wohnungspolitik setze der Spaltung zwischen arm und reich nichts entgegen. Die GAL empfiehlt, sich besser um das Kontrolldefizit durch nicht überprüfte Einkommensteuererklärungen zu kümmern. Hier entgingen der Stadt nach Schätzungen bis zu 360 Millionen Mark im Jahr. Die CDU begrüßte härtere Kontrollen und forderte den Senat auf, gemeinnützige Arbeit für Sozialhilfeempfänger einzuführen – ohne zu verraten, woher die viele Arbeit wohl zu nehmen sei. taz/lno
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