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Haiti: Die Folgen der Sanktionen

■ Nach einem Bericht der Harvarduniversität sterben jeden Monat tausend Kinder

Washington (AFP/wps) – Angesichts zunehmender Not in Haiti hat US-Präsident Clinton die haitianischen Militärmachthaber für das vom UN-Sicherheitsrat gegen ihr Land verhängte Embargo verantwortlich gemacht. In Anspielung auf eine Studie der renommierten Harvarduniversität, wonach als Folge der UN-Sanktionen in Haiti monatlich tausend Kinder sterben, sagte Clinton am Mittwoch, er leide mit dem haitianischen Volk. Dieses müsse verstehen, daß die Militärmachthaber durch ihre Weigerung, das Anfang Juli unterzeichnete Abkommen über die Demokratisierung in Haiti einzuhalten, die Sanktionen provoziert hätten. Die USA leisteten humanitäre Hilfe für Haiti und versorgten täglich etwa 700.000 Menschen mit Nahrungsmitteln.

Der am Dienstag veröffentlichte Universitätsbericht kommt zu dem Ergebnis, daß seit dem Militärputsch im Jahre 1991 22.000 Kinder an den Folgen „sozialer und ökonomischer Verwerfungen“ gestorben seien. Konkret genannt werden Fehler der Regierung, Mißernten, Bevölkerungsverschiebungen und ökonomische Sanktionen. Die Autoren gestehen zu, daß sie sich bei ihren Untersuchungen auf lediglich ein Gebiet beziehen, die regionalen Unterschiede aber sehr groß wären.

Mehr als 40 prominente Schwarze aus den USA, unter ihnen der Politiker Jesse Jackson und die Bürgermeisterin von Washington, Sharon Tate, forderten Clinton unterdessen auf, ein totales Embargo gegen Haiti zu verhängen. Kanadas Außenminister André Ouellet sagte nach einer Unterredung mit UN-Generalsekretär Butros Ghali, sein Land werde weiterhin nach Möglichkeiten suchen, den Demokratisierungsprozeß in Haiti voranzubringen. Er sprach sich dafür aus, das Waffen- und Ölembargo beizubehalten. Ouellet traf auch mit dem Haiti-Vermittler der UNO zusammen, der heute mit den Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats das Vorgehen in der Haiti-Krise erörtern wollte. Es wird damit gerechnet, daß sich der Sicherheitsrat für strikte Kontrollen zur Embargo- Überwachung aussprechen wird. Wie es hieß, könnten UN-Beobachter an der Grenze zwischen Haiti und der Dominikanischen Republik stationiert werden.

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