: Haftverschärfung für Ulla Penselin
Ulla Penselin, die im Dezember im Rahmen einer bundesweiten 129a-Fahndung verhaftet wurde, wird härteren Haftbedingungen unterworfen / Ihr Anwalt will beim Bundesgerichtshof Beschwerde einlegen ■ Von Kai von Appen
Hamburg (taz) – Folgt nach dem Ermittlungsverfahren gegen Ulla Penselin nun die Psychobehandlung? Diese Berfürchtung hat zumindest die „Prozeßgruppe Hamburg“, bestehend aus FreundInnen der Inhaftierten geäußert. Seit dem letzten Dienstag darf Ulla Penselin ihren Hofgang nicht mehr auf dem dafür vorgesehenen Rasenstück im Untersuchungsgefängnis am Holstenglacis vornehmen. Statt dessen muß sie in einer schmalen, fünf Meter hohen Mauerschlucht entlang des Männertrakts gehen. Die „Prozeßgruppe“: „Sie ist da nicht nur dem Gestank des sich dort aufhäufenden Mülls ausgesetzt, sondern auch der verbalen Belästigung der dort einsitzenden männlichen Untersuchungshäftlinge.“
Die Justizbehörde bestätigte gestern diese Angaben. Diese Maßnahme, so die Justizsprecherin Sybille Umlauf, sei auf „richterliche Anordnung“ des zuständigen Haftrichters beim Bundesgerichtshof (BGH) vollzogen worden. Denn nach den Richtlinien des §129a ist eine strikte Isolierung der Gefangenen (Anstaltskleidung, Kontrolle der Post, Einzelhofgang, totale Isolierung gegenüber anderen Gefangenen, Anwaltsbesuche durch Trennscheibe) zwingend vorgeschrieben. Nach Angaben von Sybille Umlauf habe es nach Aussagen der Anstaltsleitung einen „konkreten Anlaß“ gegeben, bei dem Ulla Penselin die Kontakaufnahme zu einer anderen „129a-Gefangenen“ nachgewiesen werden konnte. Sybille Umlauf: „Ich kann nicht sagen mit wem, das wäre zu konkret“. Dennoch, so die Sprecherin, sei diese Maßnahme „ein milderes Mittel im Gegensatz zum Abbruch des Hofgangs“.
Ulla Penselin und Ingrid Strobl, die im letzten Dezember im Zusammenhang mit einer bundesweiten Fahndung gegen Gentechnologie-Kritikerinnen verhaftet worden waren, sitzen mittlerweile seit über acht Wochen in Untersuchungshaft. Erst kürzlich hat der zuständige Haftrichter gegen Ingrid Strobl – siehe taz vom Samstag – die Haftfortdauer angeordnet. Auch für Ulla Penselin, der eine angebliche Mitwisserschaft an Sprengstoffanschlägen gegen die Adler-Werke sowie ihr Engagement gegen Bevölkerungspolitik vorgeworfen wird, wurde bei einem Haftprüfungstermin am 20.Januar eine Haftverschonung abgelehnt. Begründet wurde dies mit Fluchtgefahr, obwohl Ulla Penselin seit zehn Jahren ein Satz- und Copy-Unternehmen betreibt und sozial eingebunden ist.
Gegen diese Entscheidung will Ulla Penselins Anwalt, Hartmut Jakobi, in den nächsten Tagen beim Bundesgerichtshof Beschwerde einlegen. Im Gegensatz zu den Haftprüfungsterminen, in denen der einzelne Haftrichter über Argumente der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft zu entscheiden hat, muß sich diesmal ein ganzer BGH-Senat mit den dubiosen Vorwürfen des Bundeskriminalamtes befassen.
Ulla Penselins UnterstützerInnen aus der „Prozeßgruppe“ wollen nunmehr eine Diskussion über die Ausmaße des sogenannten „Terroristenparagraphen“ 129a in Gang setzen.
Siehe Dokumentation auf Seite 5
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