Haftstrafe für Ex-NPD-Schatzmeister: Geld veruntreut für Küchenstudio

Der Ex-Bundesschatzmeister der NPD, Erwin Kemna, wird zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Er zweigte Parteigelder ab, um sein Küchenstudio zu retten.

Betreten: Ex-NPD Schatzmeister Erwin Kemna vor Gericht. Bild: dpa

Der Blick des ehemaligen NPD-Bundesschatzmeisters Erwin Kemna wandert immer wieder zu seinen früheren engsten Mitstreitern. Verlegen und beschämt schaut er in die Sitzungsreihen des größten Saals im Landgericht Münster.

Der 57-Jährige hatte zu Prozessbeginn am Freitag eingeräumt, 741.000 Euro von Konten der rechtsextremen NPD genommen zu haben, um sein vor der Pleite stehendes Küchenstudio zu retten. Das Urteil, das am selben Tag folgte: zwei Jahre und acht Monate Freiheitsstrafe wegen Untreue in 80 Fällen.

Mit im Gericht sitzen die NPD-Bundesvorstandsmitglieder Peter Marx und Ulrich Eigenfeld. Vor ihren Augen räumt Kemna ein: "Ich habe meiner Partei großen Schaden beigebracht."

Das Eingeständnis ist kalkuliert: Gleich zu Beginn hatte sein Verteidiger gefragt, was denn sein Mandant bei einem Geständnis für sein Entgegenkommen erwarten könne. "Höchstens drei Jahre Haft", hatte der Vorsitzende Richter Ewald Rocznik erklärt.

Die Anklage war umfangreich: Kemna, ein enger Freund des NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigt, hat zwischen 2004 und 2007 gezielt und gewerbsmäßig NPD-Gelder auf seine eigenen Konten umgeleitet. Akribisch und mit genauen Bankbewegungen trägt Staatsanwalt Michael Kruse vor, wie Erwin Kemna in 80 Fällen Parteigelder abzweigte, um die schon länger drohende Insolvenz seines Küchenunternehmens abzuwenden.

Kemna, der schon sieben Monate in Untersuchungshaft verbrachte, hatte bis zu Prozessbeginn immer beteuert, dass die Kontobewegungen nichts anderes seien als Rückzahlungen seiner Darlehen an die NPD. Bis gestern stand auch die NPD-Parteiführung per Erklärung geschlossen hinter ihm.

Vor Gericht ist nun am Freitag alles anders: Hier räumt ein sichtbar von sich selbst enttäuschter Kemna plötzlich ein, dass er zwar mit "Rat, Tat und Kraft der Partei dienen wollte", aber sich in seiner wirtschaftlichen Schieflage aus der Parteikasse eigene Darlehen bewilligt habe. Der NPD-Generalsekretär Peter Marx betont in der Verhandlungspause: "Er hat unser Vertrauen missbraucht." Dass die NPD-Führung Mitverantwortung trägt, weist er zurück: Es sei nicht Aufgabe des Bundesvorsitzenden Udo Voigt, "jede Kontobewegung zu überprüfen".

Der Richter sieht indes in seiner Urteilsbegründung einen Mangel an Kontrolle, der eine Mitverantwortlichkeit mit sich bringt. Diese Urteilsbegründung könnte die Debatte um die Amtsfähigkeit des NPD-Bundesvorsitzenden Voigt anheizen. Schon vor Wochen hatte Udo Pastörs, NPD-Fraktionschef in Mecklenburg-Vorpommern, angemerkt, "Wenn bei mir in der Fraktion Gelder wegkommen würden", müsse er "zurücktreten".

Nun steht auch eine Zivilklage gegen Erwin Kemna an, wie NPD-Generalsekretär Peter Marx ankündigte - "um das Geld wiederzubekommen". Seinen Parteifreunden will Erwin Kemna jedoch treu bleiben. Er sagte nach dem Urteil: "Die Partei verlasse ich nicht, warum?"

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