: Hafenstraße: Kein „großer Knall“ trotz Demonstrationsverbot
■ Obwohl das Oberverwaltungsgericht das Demonstrationsverbot des Polizeisenators bestätigt hatte, verlief die Demo friedlich / 7.000 Personen beteiligten sich / City–Verbot für Demonstration
Aus Hamburg Kai von Appen
Über 7.000 Personen demonstrierten am Samstag in der Hansestadt für den Erhalt der Häuser in der Hafenstraße und gegen die Räumung der ebenfalls seit zwei Wochen besetzten Terrassenhäuser in der Schanzenstraße 41 a. Trotz des von Polizeisenator Pawelczyk in Abwesenheit seines Regierungschefs verfügten und vom Oberverwaltungsgericht überraschend bestätigten Demonstrationsverbots für die gesamte Hamburger City, verlief der vierstündige Protestmarsch ohne Zwischenfälle. Zu der Großdemonstration, zu der auch Delegationen aus den sogenannten „Metropolen“ Amsterdam, Kopenhagen und Basel erschienen waren, hatte der „Initiativkreis Hafenstraße“, ein Zusammenschluß von Autonomen, GAL, DKP bis Jusos, aufgerufen. Obwohl der „Initiativkreis“ aufgrund der Dezember–Erfahrungen - damals wurde der GALer Michael Stamm bei einem Polizeiübergriff schwer verletzt - zu Helmen und Schutzkleidung geraten hatte, wurde von den Veranstaltern immer wieder zur Beson nenheit gegenüber der überstarken Polizei aufgerufen. „Wir müssen davon ausgehen, daß Provokateure eingeschleust wurden, um irgendwelche Scheiben einzuwerfen“, mahnte ein Sprecher der Hafenstraße zu Beginn die VersammlungsteilnehmerInnen. Die Befürchtung: „Damit soll der materielle Anlaß für einen Angriff auf die Häuser geschaffen werden.“ In der Tat gab es im Vorfeld der Demonstration genügend Hinweise, daß Pawelczyk, der mit den letzten Zugeständnissen seines Regierungschefs gegenüber den HafenbewohnerInnen unzufrieden ist, seine Regierungstätigkeit als geschäftsführender Senatsvorsteher dazu nutzen wollte, um es zum „großen Knall“ (so die GAL) kommen zu lassen. Diese Ängste konnten auch nicht durch die Tatsache ausgeräumt werden, daß dem Einsatzleitern der Polizei vor Ort eine junge Polizeipsychologin zugeordnet worden war und daß die Wasserschutzpolizei zu Beginn des Marsches Flugzettel verteilte, auf denen es hieß: „Sie wollen einen friedlichen Verlauf. Wir auch!“ Deshalb wurde immer wieder über die diversen Lautsprecherwagen und gerade auch von der Karrosse des „Revolutionären Blocks“, der über 1.000 Schwarzbehelmte anführte, dazu aufgefordert, zu keinem Zeitpunkt die provokativ postierten Polizeieinheiten „anzugreifen“. Ein Sprecher: „Es besteht der Konsens, auch unter den Teilnehmern des „Revolutionären Blocks“, daß es zu keinen Angriffen auf die Bullen kommt.“ Am späten Abend endete der Marsch direkt vor den besetzten und weiterhin verbarrikadierten Häusern an der Elbe, wo beim Eintreffen des Zuges ein Feuerwerk über dem Hafen niederging. In mehreren Beiträgen bedankten sich die BewohnerInnen der Häuser für die Solidarität der letzten Monate, die zu einem totalen Stimmungswandel in der Stadt geführt hat. Ein Hafenstraßler: „Die Zermürbungsstrategie ist gescheitert. Wir sind nicht in der Defensive, sondern haben die Häuser in unserer Hand.“ Zwar sei momentan das ganze Leben „auf Konfrontation ausgerichtet“, so die BewohnerInnen weiter, dennoch „fühlen wir uns gut in den Häusern“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen