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Hafen wird noch größerLagerhallen statt Lebewesen

Die Hafenbehörde will auf einer Waldfläche mit seltenen Arten ein Logistikzentrum bauen. Naturschützer sind nicht mehr kompromissbereit.

Platz für noch mehr Container: Hafenbehörde plant auf Waldgelände. Foto: dpa

Hamburg taz | Der Hafen schickt sich an, ein weiteres Stück Natur zu fressen. Heute endet die Auslegungsfrist für die „Hafenplanungsverordnung Altenwerder-West“, mit der die Hafenbehörde HPA den Hafen auf die Vollhöfner Weiden ausdehnen will.

Das Gebiet am Ostende der Alten Süderelbe, kurz vor dem Hafenbahnhof, ist einzigartig in diesem Teil der Elbmarsch und bietet seltenen Arten eine Heimat. Umweltverbände und die Bürgerinitiative „Hamburg für die Elbe“ protestieren deshalb gegen die Pläne.

In dem Raum südlich der Elbe zwischen Cranz und der Süderelbe ist in den vergangenen Jahren viel neue Infrastruktur gebaut worden, angefangen beim Containerterminal Altenwerder über die Airbus-Werkserweiterung samt Pistenverlängerung bis zur Ortsumgehung Finkenwerder. Dazu kamen kleinere Straßen und Lagerhallen. Bald soll noch die Autobahn A 26 von Buxtehude her kommen.

Die Vollhöfner Weiden sind gut doppelt so groß wie die Binnenalster. Sie waren jahrelang sich selbst überlassen, so dass sich dort ein Wald mit einem Stück sandiger Brache entwickelt hat, in dem sich seltene Arten ansiedeln konnten.

Hafenerweiterung

Im Koalitionsvertrag mit der SPD haben die Grünen der Ausdehnung des Hafens auf die Vollhöfner Weiden zugestimmt.

Das Planungsgebiet ist 44 Hektar groß. Die Flächenversiegelung in ganz Hamburg betrug 2013 etwa 150 Hektar, im Jahr zuvor rund 70 Hektar.

Die einzige Alternative aus Sicht der HPA wäre ein Gebiet nördlich des Containerterminals Altenwerder. Dieses solle aber für weitere Kais vorgehalten werden.

Brutvögel in dem Gebiet, die auf Hamburgs roter Liste gefährdeter Arten stehen, sind der Gelbspötter, Kleinspecht, Neuntöter und Trauerschnäpper.

Sehr wertvoll ist das Gebiet auch für verschiedene Fledermaus- und Heuschreckenarten.

Biotope wie Trockenrasen, Silbergrasflur und Hochstaudensäume müssten dran glauben.

In dem Gebiet jagen fünf in Hamburg gefährdete Fledermausarten. Hier brüten seltene Vögel wie der Gelbspötter und der Kleinspecht. Hier gedeihen das rare Fluss-Greiskraut und der Bauernsenf.

„Das ist eine der wenigen Waldstrukturen im Biotopverbund des Süderelberaums“, sagt Paul Schmid, Sprecher des Umweltverbandes BUND. Der Umweltbericht der HPA räumt ein, die isolierte Lage verleihe dem Wald für die hier hausenden Arten „den Stellenwert eines Trittsteins, der ersatzlos verloren geht“.

Ausgleichsmaßnahmen im funktionalen und räumlichen Zusammenhang seien „schlichtweg nicht möglich“, resümiert der Bericht. Wie eine Kompensation irgendwo anders aussehen könnte, wird erst geklärt, wenn gebaut wird.

Das Gelände gehört heute schon zum „Hafenerweiterungsgebiet“. Die jetzige Planung macht daraus ein „Hafennutzungsgebiet“, folglich könnte gebaut werden. Alternativen dazu gebe es nicht, argumentiert die HPA, weil es keine ähnlich großen zusammenhängenden Flächen mehr im Hafen mit guter Verkehrsanbindung gebe.

„Wir haben Anfragen von Mietern, für die wir momentan keine Flächen bereitstellen können“, sagt HPA-Sprecher Martin Boneß.

Die Bürgerinitiative „Hamburg für die Elbe“ hält dagegen, der Süderelberaum sei ohnehin schon stark belastet, zumal viele der übrigen Infrastrukturprojekte nicht ausgeglichen worden seien.

Die HPA verpachte ihre Grundstücke zu billig, so dass es für die Unternehmen keinen Anreiz gebe, sparsam mit den Flächen zu wirtschaften. Die Initiative verlangt, „dass der Bedarf an Hafenflächen konkret und verbindlich offengelegt wird“.

Die Naturschutzverbände schließlich sind enttäuscht, weil die Vollhöfner Weiden einmal Gegenstand von Verhandlungen zwischen ihnen und dem Senat über die A 26 waren.

Würde die Waldfläche als Teil des Biotopverbundes südlich der Elbe erhalten, würden sie sich mit der Autobahn durch den Moorgürtel abfinden. „Wenn es keine substanziellen Angebote gibt, wie man den Biotopverbund erhalten kann, werden die Verbände gegen die A 26 klagen“, kündigt BUND-Sprecher Schmid an.

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2 Kommentare

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  • "Naturschützer sind nicht mehr kompromissbereit."

     

    Waren sie doch noch nie. Da ging's schon immer darum, die eigenen Partikularinteressen -- notfalls über die Gerichte -- durchzuboxen. Kompromisse sind etwas für Demokraten, die nach dem Abwägungsprinzip und der Verhlätnismäßigkeit einen Konsens zwischen Interessen anstreben. Das ist mit den Wirtschaftsgegnern aus dem Umland nicht zu machen.

  • 2G
    21405 (Profil gelöscht)

    Menno!

    Kleinspecht und Bauernsenf putt!