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Häftlinge hungern weiter

■ Innensenator weist Kritik zurück

Auch nach fünf Tagen scheint der Durchhaltewille der hungerstreikenden Häftlinge im Tiergartener Abschiebegewahrsam in der Kruppstraße ungebrochen: Rund 50 Häftlinge verweigerten nach wie vor die Nahrungsaufnahme, sagte Traudl Vorbrodt von „Asyl in der Kirche“ gestern unter Hinweis auf Aussagen mehrerer Gefangener. Die Polizei sprach dagegen von etwa 30 Hungerstreikenden. Die Protestaktion beschränkt sich auf das zweite und dritte Stockwerk des Abschiebeknastes.

Die anhaltende Kritik an den Zuständen im Abschiebeknast hat Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) unterdessen zurückgewiesen. Die Vorwürfe seien „größtenteils unberechtigt oder inzwischen abgestellt“, erklärte er. Heckelmann will heute in einem Gespräch mit Vertretern der Fraktionen und Polizeipräsident Hagen Saberschinsky die Lage in der Abschiebehaftanstalt erörtern. An der Unterredung nimmt auch Berlins Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU) teil, die die Haftbedingungen vor Tagen als „kaum zumutbar“ bezeichnet hatte.

Polizeipräsident Saberschinsky begründete inzwischen die Verlegung des Wortführers Mohammed Saghir in das Abschiebegewahrsam Gothaer Straße damit, daß dieser Häftlinge „unter Androhung von Schlägen am Essen gehindert“ habe. Gegen den Libanesen, der seit Freitag auch keine Flüssigkeit mehr zu sich nimmt, sei Strafanzeige wegen Nötigung erstattet worden. Sieben Häftlinge seien auf eigenen Wunsch hin innerhalb des Gebäudes verlegt worden. Die polizeiliche Darstellung bestritten jedoch mehrere Gefangene im Gespräch mit Frau Vorbrodt.

Die Polizei hat dem ausländerpolitischen Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Ismail Kosan, den Zutritt in die Gothaer Straße verwehrt. Dies sei ein „eklatanter Verstoß gegen den Parlamentarismus“, sagte Kosan am Rande eines Gottesdienstes, den rund 50 Angehörige der Katholischen Studentengemeinde am Samstag abend in der Kruppstraße abhielten. Sprecher unterstützten die Forderung der Gefangenen nach besseren hygienischen Verhältnissen und eine bessere soziale Betreuung. Sie verurteilten die „unwürdige Behandlung“ der Insassen durch das Wachpersonal. Derzeit sind zwei Ermittlungsverfahren gegen Beamte anhängig: Ein Schließer soll einen Häftling mit einem Ledergürtel krankenhausreif geschlagen haben. Einem bisher noch nicht identifizierten Beamten wird vorgehalten, Gefangenen für ein Glas heißen Wassers jeweils zwei Mark abgeknöpft zu haben. Frank Kempe

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