Hackerangriff auf Sony: Die Playstation wird politisch
Der Hackerangriff auf Sony heizt die Debatte um Datenschutz neu an. Die Opposition und Datenschützer werfen der Bundesregierung Versäumnisse vor. Eine erste Sammelklage wurde eingereicht.
BERLIN dpa | Nach dem Massen-Diebstahl von Nutzerdaten für Online-Dienste von Sony wird in Deutschland der Ruf nach Konsequenzen laut. Die Berliner Opposition und Datenschützer werfen der Bundesregierung Versäumnisse vor. Juristen sehen den japanischen Konzern in der Pflicht. Ein US-Kunde reichte eine erste Sammelklage ein.
"Die Bundesregierung sollte den Fall Sony zum Anlass nehmen, das deutsche Datenschutzrecht endlich auf die Höhe der Zeit zu bringen", sagte der Leiter des Datenschutzzentrums Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, der Neuen Osnabrücker Zeitung.
Weltkonzerne wie Facebook, Google und Sony seien in Deutschland faktisch nicht für Versäumnisse beim Datenschutz haftbar zu machen. "Die Unternehmen haben zwar Vertriebsgesellschaften in Deutschland gegründet, die juristisch Verantwortlichen sitzen aber in Japan oder den USA", so Weichert. Sie seien für die Datenschutzbehörden nicht zu greifen.
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, hält hingegen die bestehenden Gesetze für ausreichend. "Man braucht in diesem Zusammenhang keine anderen Gesetze, sondern stärkere internationale Instrumente, um den Datenschutz zu gewährleisten", sagte Schaar im deutschen Fernsehen. Dafür fordere er auch die Unterstützung der Bundesregierung ein. Schaar sieht Sony auch für mögliche Schäden in der Haftung. Problematisch sei es aber den Nachweis zu führen, dass diese auf das Datenleck bei Sony zurückzuführen seien, so Schaar.
Das Bundesjustizministerium und das Verbraucherschutzministerium erwarten von Sony eine schnelle Aufklärung des Datendiebstahls. "Es ist äußerst bedenklich, dass das Unternehmen erst nach einigen Tagen die massive Panne eingeräumt hat", sagte ein Sprecher von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Ein Sprecher von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) forderte ebenfalls, Sony müsse sofort alle Fakten auf den Tisch legen und den betroffenen Kunden erklären, wie sie sich jetzt verhalten sollten.
Anbieter in der Haftung
Die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Renate Künast, forderte die Regierung zum Handeln auf: "Der Fall Sony ist auch ein Fall schwarz-gelber Untätigkeit, die jetzt Millionen Betroffene in Deutschland mit ihren Daten bezahlen." Nach dem größten Hackerangriff aller Zeiten sei die Bundesregierung in der Pflicht, endlich das Datenschutzrecht zu ändern. Auch Linke-Politiker Jan Korte sagte: "Für die jahrelange Untätigkeit der Bundesregierungen bei der Entwicklung eines effektiven Daten- und Persönlichkeitsschutzes müssen wieder einmal die Verbraucher büßen."
Obwohl Sony seinen Sitz nicht in Deutschland hat, sehen Experten den Anbieter in der Haftung. Die Nutzer hätten ihre Daten in die Obhut des Unternehmens gegeben, und dieses sei nicht sorgsam damit umgegangen, sagte der Anwalt für Medienrecht Christian Solmecke. Große Chancen auf Erfolg sieht er jedoch nicht.
"Auch wenn deutsches Recht gilt, können Nutzer zwar ihre Schäden vor deutschen Gerichten geltend machen, sie müssen aber trotzdem jemanden verklagen, der im Ausland sitzt - nämlich ihren Vertragspartner", so Solmecke.
Das könne kompliziert sein, weil ein Gerichtsvollzieher im Ausland beauftragt werden müsse. "Wenn ein Verbraucher so einen Prozess anstrengt - teilweise wegen relativ geringer Summen - dann geht er ein hohes Vollstreckungsrisiko ein, sagte Solmecke. Denn er wisse nicht, ob er am Ende wirklich Geld wiederbekomme - selbst bei einem gewonnenen Verfahren.
Beim Bezirksgericht in San Francisco reichte nun ein Kunde Klage auf Schadenersatz gegen Sony ein, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg am Donnerstag meldete. Dabei handelt es sich um eine Sammelklage - bei einem Schuldspruch hätten alle 77 Millionen Inhaber von Nutzerkonten die gleichen Ansprüche gegenüber Sony, auch wenn sie selbst nicht geklagt haben sollten.
Johns verlangt Schadenersatz für den Fall des Missbrauchs von Kreditkartendaten sowie für den Ausfall der Online-Dienste nach dem Hacker-Einbruch. Außerdem fordert er die Verhängung einer Geldstrafe gegen Sony.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
FDP stellt Wahlkampf Kampagne vor
Lindner ist das Gesicht des fulminanten Scheiterns
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen
Sednaya Gefängnis in Syrien
Sednaya, Syriens schlimmste Folterstätte
Syrische Geflüchtete in Deutschland
Asylrecht und Ordnungsrufe