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Haasenburg-Heime schließenDicht noch vor Weihnachten

Die Kinder- und Jugendheime der Haasenburg müssen bis zum 20. Dezember geschlossen werden. Das hat Brandenburgs Jugendministerin jetzt entschieden.

Muss endgültig schließen: Heim der Haasenburg GmbH. Bild: dpa

POTSDAM dpa | Die umstrittenen Kinder- und Jugendheime der Haasenburg GmbH müssen bis zum 20. Dezember geschlossen werden. Ein entsprechender Bescheid sei dem Betreiber am Freitag zugestellt worden, berichtete das Ministerium in Potsdam.

Jugendministerin Martina Münch (SPD) hatte die Schließung der Heime Anfang November angekündigt, nachdem eine Expertenkommission unhaltbare Erziehungsmethoden festgestellt hatte. Die Staatsanwaltschaft Cottbus nahm Ermittlungen in etwa 70 Fällen wegen Misshandlungsvorwürfen auf.

„Der Bericht belegt eindrücklich, dass das pädagogische Selbstverständnis in den Heimen der Haasenburg überwiegend von überzogenen, schematischen und drangsalierenden Erziehungsmaßnahmen auf Kosten der dort untergebrachten Jugendlichen geprägt ist“, sagte Jugendministerin Münch. In allen Bereichen der Haasenburg-Heime gebe es erheblichen Reformbedarf, der weder realistisch noch umsetzbar sei. „Aus diesem Grund wird die Betriebserlaubnis widerrufen.“

Die Chronik

Im Juni hatte die taz die Zustände in den Heimen der Haasenburg ausführlich dokumentiert. Zuletzt hatten auch Experten schwere Missstände festgestellt. Wie es dazu kam – eine Chronik.

Inzwischen sind nach Angaben des Ministeriums nur noch weniger als 20 Schützlinge in zwei der insgesamt drei Brandenburger Heime untergebracht. Anfang November waren es noch 37. Die Betreuten werden von ihren heimischen Jugendämtern in andere Einrichtungen gebracht.

Die geplante Schließung wird auch von den Kinder- und Jugendpsychiatern begrüßt. Auch wenn die Kinder- und Jugendpsychiatrie in begrenztem Umfang geschlossene Unterbringungen in der Jugendhilfe quasi als „Ultima Ratio“ für sinnvoll und notwendig erachten, sei in diesem konkreten Fall die Schließung zu begrüßen, erklärt die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP) auf ihrer Internetseite.

„Der uns vorliegende Abschlussbericht der eingesetzten Expertenkommission lässt außer einer Schließung der Einrichtung aus unserer fachlichen Sicht keine andere Konsequenz zu“, heißt es in der Stellungnahme. Die noch nicht lange zurückliegenden Debatten am Runden Tisch „Heimkinder“ und am Runden Tisch „sexueller Kindesmissbrauch“ hätten deutlich gemacht, dass in Institutionen untergebrachte Kinder und Jugendliche eines besonderen Schutzes und auch der besonderen Aufmerksamkeit der zuständigen Aufsichtsbehörden bedürfen.

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4 Kommentare

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  • Das ist ein schönes Weihnachtsgeschenk! Dass so eine Einrichtung überhaupt so quälend lange bestehen und „Erzieher“ sich so pervers an Kindern/Jugendlichen abreagieren durften, beweist aber, dass der Schoß repressiver Erziehung noch mehr als fruchtbar ist. War es nicht immer so? Vielen fällt nicht mehr als „Wegsperren“ ein, von DDR-Jugendwerkhof bis Haasenburg, in Ost und West. Und wie oft hat man selbst nach „Durchgreifen“ gerufen? Fazit: Kritisch am Thema dranbleiben! Möglichst gemeinsam eine Gegenkraft aufzubauen!

  • R
    Renzo

    Das wurde auch Zeit..

  • Viel zu langer und bürokratischer Prozeß bei evident gruseliger Sachlage. Hoffentlich wird auch noch der Fall Lena abschließend aufgeklärt. Das geschehene Unrecht kann damit allerdings auch nicht wett gemacht werden, es könnte allerdings allen Lenas, die noch im Schatten vegitieren helfen. Dabei ist es fast schon unerheblich, wenn von 1000 Verdächtigen 999 zu unrecht verdächtigt werden, damit kein Opfer unentedeckt bleibt.

  • Dachte, die Kinderquäler-Häuser seien längst geschlossen ?