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Haarscharf daneben

■ Der erste US-Hilfsgüterabwurf in Zaire war ein Fiasko

Katale (AP/wps) – John Wallis ist sprachlos. „Ich glaube es einfach nicht“, sagt der britische Entwicklungshelfer. „Das ist ja fast ein Verbrechen.“ Die Empörung des jungen Mannes, der in einem ruandischen Flüchtlingslager in Zaire arbeitet, richtet sich gegen eine Hilfsaktion der US-amerikanischen Streitkräfte. Bei dem Abwurf von Lebensmitteln aus US-Transportmaschinen am Sonntag ging schief, was nur schiefgehen konnte: Die Hilfsgüter landeten am falschen Ort; vieles ging verloren, und zahlreiche Flüchtlinge rannten davon, weil sie an einen Bombenangriff glaubten.

Aus drei Transportmaschinen des Typs C-130 wurden von 24 vorgesehenen Lebensmittelpaletten an Fallschirmen gerade einmal acht herabgelassen. Die Hilfsgüter gingen in der Nähe des Lagers Katale nieder, aber nicht, wie beabsichtigt, auf einem Flugfeld, sondern einen Kilometer davon entfernt in der Nähe einer Kaffee- und Bananenplantage. Eine Palette traf beinahe einen am Boden stehenden französischen UNO-Hubschrauber, eine zweite verfehlte nur knapp eine Schule. Mit Lastwagen mußten die Lebensmittel dann in das Lager gebracht werden, doch wären die Fahrzeuge anderenorts dringender gebraucht worden: So konnte beispielsweise die britische Hilfsorganisation Oxfam eine Wasseraufbereitungsanlage nicht vom Flughafen Goma nach Katale bringen, weil Transportfahrzeuge fehlten.

Beim Abwurf platzten Verpackungen von Mehl- und Milchpulversäcken auf, viele Lebensmittel sind deshalb unbrauchbar. Mwami Ndeze aus dem Dorf Rwankwi, wo ein Teil der Hilfsgüter landete, schaut traurig auf die verklebten Mehlklumpen im Morast. „Vielleicht hätten sie es mit Fahrzeugen bringen sollen, dann wäre es nicht verlorengegangen“, meint er.

Mitarbeiter von Hilfsorganisationen sind da direkter. „Es war nicht der beste Start für die amerikanische Operation“, sagt der Sprecher des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Goma, Ray Wilkinson. Und Alison Campbell von Oxfam meint: „Das war nichts als eine PR-Aktion.“ Sie weist darauf hin, daß am Sonntag ein Hilfskonvoi aus Uganda über Land 540 Tonnen Hilfsgüter nach Katale gebracht habe. Dagegen sei der Abwurf lächerlich.

Schon vor der Aktion war von seiten der Hilfsorganisationen Kritik laut geworden. Man könne die Hilfsgüter binnen anderthalb Stunden mit Lastwagen in die Flüchtlingsgebiete bringen, hatte es geheißen, und zwar für einen Bruchteil der Kosten. Der zuständige Offizier William McCoy hatte dies jedoch zurückgewiesen: Wenn es schiefgehe, sei es schließlich amerikanisches Geld, was dafür ausgegeben worden sei.

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