HSV gegen Wolfsburg: Quälendes Warten auf Ruud
Der HSV war drückend überlegen – und hätte doch fast verloren. Haufenweise Großchancen, aber keine geht rein. Eine Demonstration, wie sehr van Nistelrooy gebraucht wird.
HAMBURG taz | Vom Stadiondach des Volksparkstadions fielen große Schneebrocken, und da, wo kein Dach ist, fielen Schneeflocken auf den frisch eingesetzten Rasen. Der Hamburger SV spielte gegen den amtierenden Meister VfL Wolfsburg, der seit neun Spielen nicht mehr gewonnen hatte und deshalb seinen Trainer Armin Veh feuerte. Für den saß, als Interimslösung, Lorenz-Günther Köstner auf der Bank.
Nach dem Spiel vor 51.200 Zuschauern fiel den Verantwortlichen des VfL Wolfsburg eine Last von der Seele. Nach vier Niederlagen und drei Unentschieden wenigstens ein 1:1 (0:1) gegen den HSV.
Vor der Partie war viel von denen die Rede, die nicht spielten. Von Réver, dem brasilianischen Innenverteidiger von Gremio Porto Alegre, der für fünf Millionen Euro, wenn der Handbruch auskuriert ist, die Defensivprobleme des VfL Wolfsburg lösen soll. 39 Gegentore stehen da, soviel wie beim Tabellenletzten Hertha.
Beim HSV hingegen war viel die Rede von Ruud van Nistelrooy, dem 33-jährigen Stürmer, der von Real Madrid ablösefrei zum HSV wechselte. Noch ist van Nistelrooy mit Lauftraining beschäftigt, aber der Muskel in der linken Wade, der ihm nach seiner Knieoperation Probleme bereitet hatte, hält.
Guy Demel beim HSV war nach der 2:3-Niederlage der Elfenbeinküste gegen Algerien beim Africa-Cup in Angola zurück in Hamburg, saß immerhin auf der Bank und durfte gegen Ende des Spieles noch eingreifen. Dafür stand Eljero Elia nach seiner Knöchelverletzung wieder in der Angangsformation.
Bei Wolfsburg fehlten Karim Ziani (Algrien) und Obafemi Martins, der am Samstag um 17 Uhr mit Nigeria gegen Algerien um den dritten Platz spielt.
Der HSV hatte zwischen der 20. und 25. Minute reihenweise Torchancen, die für eine Führung locker hätten reichen müssen. Mladen Petric aus 25 Metern (23.), Marcell Jansen mit dem Kopf (24.), doch beide Male hielt VfL-Keeper André Lenz, der den am Knie verletzten Diego Benaglio glänzend vertrat. Kurz darauf Ecke von Dennis Aogo und Kopfball von Marcus Berg, Josué holte den Ball von der Linie. Berg hatte noch eine Chance in der 32. Minute, nach Vorarbeit von Petric.
Doch das Tor fiel auf der anderen Seite. Eine weite Flanke von Sascha Riether, HSV-Innenverteidiger Joris Mathijsen sah nicht gut aus, Edin Dzeko, eine der wenigen stabilen Größen im Spiel der Wolfsburger, nahm den Ball zuerst mit dem Oberam, dann mit der Brust, eine geschickte Drehung von Mathijsen weg und ein gezirkelter Ball genau an den Innenpfosten. Die Schiedsrichter sahen das Handspiel nicht und der Spielverlauf war auf den Kopf gestellt.
Und Dzeko hätte kurz nach der Pause fast noch sein zehntes Tor geschossen. Doch der Schlenzer ging knapp am HSV-Tor vorbei. Der HSV lief mehr als der VfL, war mehr am Ball. Defensiv-Taktiker Köstner hatte seiner Mannschaft, wie früher Unterhaching, Verteidigung verordnet. Da war schwer Durchkommen.
Wenn nichts aus dem Spiel geht, dann vielleicht eine Standardsituation. Ecke von Elia, Kopfball von Rozehnal, da wäre Lenz nicht mehr dran gekommen, aber die Latte war im Weg (48.). In der 56. eine Doppelchance von Jansen und Elia, der Jansen anschießt. In der 58. ein Schuss des starken Jerome Boateng, knapp links vorbei.
Der HSV erhöhte wieder den Druck. In dieser Phase kam Wolfsburg überhaupt nicht mehr aus der eigenen Hälfte heraus. Grafite und Dzeko konnten den Ball nicht mehr halten, wenn er überhaupt bis zu ihnen kam. Wolfsburg wurde eingeschnürt.
In der 61. Minute Doppelpass Elia, der stärker wurde, und Berg, doch wieder war Lenz da. In der 66. Minute ein Abseitstor von Jansen nach Vorarbeit von Boateng. Eine Zentimeterentscheidung. Es ging sehr oft um Zentimeter in diesem Spiel.
Dann wechselte HSV-Trainer Bruno Labbadia. Für David Jarolim, Berg und Boateng kamen Piotr Trochowski, der zentral hinter den Spitzen spielte, Jonathan Pitroipa, der für Burkina Faso beim Africa Cup im Einsatz war, und Demel. Erneut eine Sache von Zentimetern: In der 83. Minute ein Kopfball von Demel, den erneut Josué von der Linie kratzte.
In den letzten Spielminuten wurde der HSV hektisch. Flanken von Pitroipa und Trochowski flogen weit hinters Tor. Dann die Nachspielzeit, das Spiel ist fast zuende - und dann doch noch ein Freistoß aus aussichtsreicher Position. Trochowski läuft an und verpasst dem Ball eine merkwürdige Flugbahn.
Lenz ist schon auf dem Weg in die falsche Ecke. Tor.
Ein Remis, über das sich die Hamburger nicht so recht freuen konnten. Es war so, als wollte der HSV mit seinen sieben, acht großen Chancen zeigen, wie sehr er einen Ruud van Nistelrooy braucht. Einen, der knipst, bevor es dunkel wird.
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