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H&M und Tchibo betroffenSkandal um falsche Bio-Baumwolle

Nicht überall, wo Bio draufsteht, ist auch Bio drin: Das gilt offenbar für "Bio"-Baumwolle aus Indien, die an Firmen wie H&M und Tchibo geliefert wurde. Aus der Traum von der korrekten Öko-Klamotte?

Böse, böse Baumwolle. Bild: petfed/photocase

HAMBURG dpa | In der Biobranche bahnt sich nach einem Bericht der Financial Times Deutschland ein Betrugsskandal um falsch ausgezeichnete Baumwolle an. Nach Recherchen der Zeitung sind große Mengen aus Indien eingeführter angeblicher Bio-Baumwolle gentechnisch verändert worden. Dies widerspreche den strengen Ökostandards, mit denen Unternehmen für ihre Textilien werben. Betroffen seien zahlreiche Unternehmen, darunter große Ketten wie H&M und Tchibo.

Den Betrug hätten indische Behörden bereits im April 2009 aufgedeckt. Es gehe um Betrügereien in gigantischem Ausmaß, sagte Sanjay Dave, Direktor der indischen Agrarbehörde Apeda, der Zeitung. Dutzende Dörfer hätten zusammen mit westlichen Zertifizierungsfirmen große Mengen gentechnisch veränderter Baumwolle in den Handel gebracht. Aus Indien kommt rund die Hälfte der gesamten Biobaumwolle.

Im dem Betrugsfall hätten die indischen Behörden die Anbieter Ecocert aus Frankreich und Control Union (Niederlande) laut Apeda- Direktor Dave mit Geldstrafen in Höhe von umgerechnet mehreren zehntausend Euro belangt. Auf Anfragen der FTD hätten diese Unternehmen nicht reagiert.

Eine H&M-Sprecherin sagte, man sei über den Vorfall informiert und habe mit dem örtlichen Zertifizierer gesprochen, damit sich ein solcher Fehler nicht wiederholt. Zudem räumte die Kette ein, dass man nicht ausschließen könne, dass etwas von dieser Baumwolle für H&M-Kleidungsstücke verwendet worden sein könnte. Nach wie vor bewirbt H&M seine Linie Organic Cotton als 100 Prozent ökologisch angebaute Baumwolle.

C&A und Tchibo zeigten sich überrascht. Dass Biobaumwolle aus Indien gentechnisch belastet sein könnte, habe man nicht gewusst, sagten Unternehmenssprecher übereinstimmend. Tchibo kündigte an, seine Ware im Labor testen zu lassen.

Lothar Kruse, Leiter des unabhängigen Labors Impetus in Bremerhaven, untersucht für kleinere Ökoanbieter Fasern und Garne. Etwa 30 Prozent der Biobaumwollproben sind gentechnisch verändert, sagte der Experte.

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11 Kommentare

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  • G
    Gentechnik

    In wiefern unterscheidet sich gentechnisch Zuchtmethoden Pflanzen von althergebrachten?

    Soweit mir bekannt ist, bringen solche Pflanzen einen höheren Ertrag auf gleicher Fläche, verbrauchen weniger Wasser und bedürfen weniger Spritzmittel. SIe sind somit ideal, sozialverträglich und verbrauchen nichtsoviel Lebensraum wie nicht gentechnisch besserte Pflanzen.

     

    Was ist also so schlimm daran, technologie vernüftig einzusetzen, insbesondere da Indien genug eigene biotechnologie herstellt, vermuttlich stammen auch diese verbeserten Baumwollepflanzen aus Indischen Laboren.

    die fleisigen jungen Menschen dort studieren Naturwissenschaften, statt gesinnungsethischem Blödsinn hinzugeben.

     

    Ich bitte die Leser dieser Zeilen, sich einmal ohne vorgefertigte Meinung mit dem Potential der Gentechnik auseinander zu setzen. Als Stichwörter seinen hier Agrokraftstoffe auf Algenbasis und eine algenbasierte Chemische Industrie

    Fischmehl aus der Retorte zur fütterung von Fischfarmen, anstatt Meere zu Überfischen

    Medikamente wie Insulin

     

    Aber hauptsache mal gegen die böse Gentechnik geschimpft.

    In dem Artikel wird nicht dargelgt, inwieweit diese Pflanzen dem Ökosystem in Indien abträglicher sind oder den Kunden mit Rückständen stärker belasten wie normale bzw. ohne Chemiekeule hergestellte Baumwolle

  • T
    Teenager

    Sowas deprimiert mich wirklich. Bei Lebensmitteln gibt es das einschlägige Biosiegel und man ist in der Lage regional zu kaufen, aber Klamotten? Wie soll man da denn ausweichen?

    Von den ganzen Sachen, die bei den einschlägigen Klamotten-Läden vertrieben wird, ist nur ein Bruchteil als Bio gekennzeichnet. Bislang habe ich immer zu dem Ständer gegriffen, wenn dort etwas passendes war. Das war eh schon wenig. Mir ist es wichtig, dass meine Sachen umweltfreundlich sozial produziert werden, aber wo soll ich die her nehmen?

    Beim Shoppen im der Stadt sind sie bestimmt nicht zu finden und kuckt man sich das Angebot sog. Öko-Versandhäuser, stellt man fest, dass die sich eher an wohlhabende Leute um die 50 richten.

    Lokal beim Bauern krieg ich keine Kleidung.

  • S
    soso

    das tolle "bio" sigel ist doch eh nur gekauft in den meisten fällen!!

     

    regional macht sinn.. aber fair trade und bio sind meist auch nur lobbysachen!

  • S
    sus

    warum werden in der taz berichte aus der ftd abgeschrieben, ohne eigene überprüfung oder zusätzliche recherche? dafür bezahle ich diese zeitung nicht.

     

    @christian: was ist ein fair-trade-hemd wert, wenn es aus gentechnisch veränderter faser hergestellt wurde, wobei man die gesundheit der bauern runiniert und tiere auf dem feld sterben, weil sie genmanipulierte pflanzen gefressen haben? sind nur arbeiterinnen menschen oder zählen bauern auch dazu?

     

    wer oder was ist hier pervers?

  • BH
    Björn Hens

    Selbst gentechnisch verunreinigte Biobaumwolle ist besser als der konventionelle Mist! Und was wäre die Menschheit, wenn sie bei jedem kleinen Rückschlag oder Betrugsversuch andere aufhören würde, weiter zu kommen! Bio, regional, fair und vegan! Treasuring Life! :) Und ne Relativierung des Artikels gibts bei Kirsten Brodde: http://www.kirstenbrodde.de/?p=655 (Falls die Meute sich weiter informieren will, bevor sie die Heugabeln und Fackeln weiter schwenkt) ;)

  • RH
    rare hog

    "man ... habe mit dem örtlichen Zertifizierer gesprochen, damit sich ein solcher Fehler nicht wiederholt."

    1. das war kein "fehler", sondern BETRUG!

     

    2. man hat also ein wattebällchen geworfen - wow!!!!!!!!!!

    wenn man es wirklich ernst gemeint hätte, dann würde man zertifikate von diesem zertifizierer einfach nicht mehr akzeptieren. so ist es nur eine ermutigung, weiter zu fälschen.

  • F
    forester01737

    @ Biogehirn:

     

    "Wer wirklich etwas Gutes tun will, sollte zum Bsp. beim örtlichen Bauern kaufen, da kann er noch relativ sicher sein, dass er auch das bekommt, was er will."

     

    Ja, auf jeden Fall! Aber der sollte auch "Bio" sein. Ich finde aber, dass dieses "Bio" inzwischen ein unschönes Wort ist, weil es den ganzen Schindluder, der damit getrieben wird, mit einschließt. Also z.B. den "Bio-MigMac" oder ähnliches.

     

    Es geht doch darum, dass die Menschen auf der ganzen Welt ihre Natur, ihre Heimat, ihre Regionen erhalten können! Da kann es nicht die Lösung sein, so weiter machen zu wollen wie bisher, nur alles in "Bio". Manche nennen die Lösung des Problems Verzicht, ich nenne sie: Nachdenken über das "warum", "woher" und "wie" unserer lebensnotwendigen Stoffkreisläufe und eine Anpassung unseres Begriffes von Lebensqualität, so dass diese dann besteht, wenn Natur und Menschen nicht darunter leiden.

     

    Beispiel: Nicht "Bio"-Baumwolle aus Indien, sondern meinetwegen Hanffaser oder Leinen von einem Bauern in der eigenen Region, der so gut bezahlt wird, dass er naturverträglich wirtschaften kann. Und dann aus diesem Stoff bitte nicht jede Woche ein neues Leiberl. Wenn man will, kann man sich auch immer wieder über ein Produkt freuen, das lange hält.

  • M
    MArtin

    Wieso aus der Traum? Betrug wird es immer geben!

  • B
    Biogehirn

    Das ist doch klar.

     

    Die Unternehmen sind doch nicht bescheuert. Man gründet zum Beispiel eigene Institute, die sich dann Öko-, Bio- usw Siegel verleihen. Für sogenannte Bioprodukte kann man dann gleich den dreifachen Preis verlangen, weil es genug Naive gibt, die das kaufen (eigentlich in guter Absicht).

     

    Wann gibt es denn endlich Bio-Hamburger und Bio-Cola bei Mc Donalds? Nur noch eine Zeitfrage...

     

    Wer wirklich etwas Gutes tun will, sollte zum Bsp. beim örtlichen Bauern kaufen, da kann er noch relativ sicher sein, dass er auch das bekommt, was er will.

     

    Ansonsten gilt, Holzauge, sei wachsam.

  • C
    Chris

    Dann einfach keine Biowolle aus Indien mehr kaufen

    punkt

  • C
    Christian

    Das Problem ist natürlich auch, dass Bio-Baumwolle nicht automatich gleich zu setzen ist mit fair gehandelter Baumwolle.

    Die Baumwolle mag noch so sehr Bio sein...wenn ein Arbeiter/eine Arbeiterin dafür 16 Stunden am Tag hart malochen muss für einen beschissenen Dreckslohn, wieviel ist ein Pullover aus dieser Bio-Baumwolle dann noch wert?

    Boykottiert so´n Scheiß endlich mal...pervers!