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■ H.G. HolleinGuter Rat

Die Frau, mit der ich lebe, hebt gerne den Finger. Vor allem warnend. Wenn ich mir die Gabel mit einem mundigen Happen Spiegelei samt reichlich Schinken vollgeladen habe, wird mir von Seiten der Gefährtin reflexhaft der Hinweis zuteil: „Nimm nicht so viel, das fällt dir doch nur alles runter.“ Einerseits pfeift der geborene Schlinger natürlich auf eine derart großmütterliche Besserwisserei, andererseits beginnt meine Gabel unter dem ungehaltenen Blick unweigerlich zu zittern. Wenn dann das Eigelb auf die Hemdbrust tropft, senkt sich der Gefährtin Finger in promptem Vorwurf, und ich höre ein gestrenges: „Und? Wie das jetzt wieder aussieht!“ Ich sage dann, was in solchen Momenten zu sagen bleibt – „Ja, Mutter“ –, und kann endlich stressfrei weiteressen. Jetzt kommt es ja nicht mehr drauf an. Auch sonst ist auf den Hang der Gefährtin zur verbalen Prophylaxe Verlass. Sind wir verabredet, heißt es „Komm nicht zu spät“, muss ich zum Nahrungserwerb hinaus in den Regen, wird mir zum Geleite der schöne Wunsch „Erkälte dich aber nicht“ nachgerufen. So gehe ich denn, von vo-rausschauender Fürsorge gepuffert, meiner täglichen Wege. Besondere Wertschätzung hege ich indes für die Variante der nachgereichten Warnung. Jedes, aber auch wirklich jedes Mal, nachdem ich mir an den heimtückisch niedrigen Deckenbalken eines Ferienhauses den Kopf eingerannt hatte, zu hören „Liebling, sei doch vorsichtig!“ erfüllt mich mit Rührung. Ich habe 20 Jahre lang vergeblich versucht, der Gefährtin klarzumachen, dass ich nicht Herr meines Schicksals bin, und dass nur der – in unserem Falle die – von seinen Fährnissen verschont bleibt, der nichts tut. Worauf die Gefährtin zu knurren pflegt: „Pass auf, was du sagst.“ Dermaßen kleingelautet trolle ich mich dann an den Herd und haue kompensativ ein paar Spiegeleier in die Pfanne.

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