HAMBURGER SZENE von Alexander Diehl: Loch im Lärm
Es könnte natürlich auch am Wetter liegen. Der Frühling, der sich so lange geziert hat, könnte einfach aufgegeben und einem umso knalligeren Sommer die Bühne überlassen haben. So jedenfalls fühlt es sich an an diesem Mittwoch, später Nachmittag: dieses eigentümliche Flirren, die lichte Entspanntheit.
Bis zur Sternbrücke, zu Fuß die Stresemannstraße entlang, ist noch alles … nein, ganz sicher nicht, wie es sein soll. Aber wie immer: ein einziges Anfahren und Bremsen und Hupen und Klingeln, nach Gummi riecht es und nach Abgasen. Dann aber, Max-Brauer-Allee Richtung Altona, lassen sich die Autos wie im Witz an der Hand eines Sägewerksmitarbeiters abzählen, so wenige sind es. An den Bushaltestellen ist etwas von „verlegt“ angeschlagen, und der Briefkasten wird auch nicht geleert.
Ob es sich so im Juli anfühlen wird, wenn dem US-Präsidenten – wer das dann ist, wer weiß das schon? – und seiner SUV-Kolonne der Weg gebahnt werden muss? Oder gerade nicht, sondern blockiert? Kein schwarzes Loch aus dem Weißen Haus sorgt aber für die ungewohnte Ruhe auf „einer der wichtigsten Kreuzungen Hamburgs“ (Bild), der von Max-Brauer-Allee und Holstenstraße – sondern, ganz schnöde, der Bruch einer unterirdischen Wasserleitung.
Was, wenn die über Jahrzehnte vom Verkehr geschundenen Leute sich aber erst daran gewöhnt haben, auf der verwaisten Fahrbahn vor ihren Häusern leben zu dürfen – das Kind auf dem Laufrad, den Einweggrill unter Feuer? Erinnert sich noch jemand daran, was los war, als, nicht weit von hier, ein einziger Bus-Stop verlegt werden sollte, um ein paar Hundert Meter?
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