Guttenberg zum Tanklaster-Vorfall: "Der Luftangriff war unvermeidbar"
Der neue Verteidigungsminister räumt Fehler beim Bombardement von Kundus ein. Trotzdem verteidigt er es als "militärisch angemessen".
BERLIN taz | Mit einem klaren Bekenntnis zu dem Luftangriff vom 4. September trat der neue Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg (CSU) am Freitag vor die Presse. Vor dem "Gesamt-Bedrohungshintergrund" im nordafghanischen Kundus könne er das Bombardement der beiden Tank-Lkws nur "als militärisch angemessen" bezeichnen. Ähnlich hatte sich in der vergangenen Woche auch Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan geäußert.
Zugleich räumte der neue Minister ein, dass Oberst Georg Klein Fehler gemacht habe, als er die Bombardierung der beiden Tanklaster anordnete. Allerdings erwähnte zu Guttenberg den Oberst nicht, sondern sprach allgemein von Verfahrensfehlern und Ausbildungsmängeln. Insbesondere die Einsatzregeln in Afghanistan müssten daher verbessert werden. Diese seien gegenwärtig von Widersprüchlichkeiten gekennzeichnet, teilweise verwirrend, gelegentlich veraltet. "Hier gibt es erheblichen Anpassungsbedarf". Doch "selbst wenn es keine Verfahrensfehler gegeben hätte, hätte es zum Luftschlag kommen müssen", sagte zu Guttenberg.
Da der Minister sich auf den als geheim eingestuften Nato-Bericht bezog, wollte er bei der Frage, was genau schiefgelaufen sei und was also verbessert werden müsse, nicht konkreter werden. Doch gab er ein Beispiel dafür, was die Abwägung der Risiken in der Nacht zum 4. September so schwierig gemacht habe: Als Oberst Klein durch die US-Bomber mit Videobildern der Tanklaster versorgt wurde, sei nicht festzustellen gewesen, ob diese beiden Lkws "noch zwei Tage" im Flussbett des Kundus stecken würden oder ob sie "fünf Minuten später" frei geschaufelt sein würden, um vielleicht für ein Attentat verwendet zu werden.
Hieran aber, so war zu Guttenberg zu verstehen, hat sich die Einschätzung des Obersts festgemacht, dass es sich bei den beiden Lkws um eine unmittelbare Bedrohung handelte. Deshalb unterließ er es, etwa mit dem Isaf-Hauptquartier einen Luftangriff zu beratschlagen. Inwiefern verbesserte Einsatzregeln hier für mehr Klarheit sorgen könnten, beließ der Minister offen.
Dafür bekundete er sein Bedauern: Er gehe "persönlich davon aus, dass es zivile Opfer gab", was er "von Herzen und zutiefst" bedauere. Dass wegen der zivilen Opfer nun die Bundesanwaltschaft prüft, ob sie ein Verfahren wegen eines potenziellen Kriegsverbrechens aufnimmt, "nehme ich zur Kenntnis", erklärte er knapp. Als Jurist könne er jedoch bestätigen, dass es sich in Afghanistan um einen "nicht internationalen bewaffneten Konflikt" handele. Das heißt, dass nicht mehr das Strafrecht, sondern das Völkerrecht zur Bewertung der Aktionen der Bundeswehr herangezogen wird. Die Konsequenzen hieraus, sagte der Minister, müssten nun zwar zunächst Staatsanwälte oder Gerichte ziehen. Doch sehe er in dieser Verschiebung grundsätzlich "einen Beitrag zur Rechtssicherheit der Soldaten".
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