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Guttenberg-ZitateDie Chronologie

Salamitaktik bei Guttenberg: Erst sprach er von "abstrusen Vorwürfen", zuletzt gab er doch schwerwiegende Fehler zu. Guttenbergs Statements im Zeitraffer.

Karl-Theodor zu Guttenberg: Bananenrepublikaner mit Salamitaktik. Bild: AndreasF. / photocase.com

BERLIN afp | Erst nannte Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) die Vorwürfe "abstrus", dann gab er doch schwerwiegende Fehler zu: Der Verteidigungsminister räumte während des Plagiatsstreits um seine Doktorarbeit schrittweise Versäumnisse ein.

Mittwoch, 16. Februar: Die Süddeutsche Zeitung berichtet über erste Täuschungsvorwürfe im Zusammenhang mit Guttenbergs juristischer Dissertation. Der in Bayreuth promovierte CSU-Politiker weist den Plagiatsvorwurf am selben Tag als "abstrus" zurück. Die Bayreuther Uni fordert den Minister gleichwohl zu einer schriftlichen Stellungnahme binnen zwei Wochen auf.

Donnerstag, 17. Februar: Während sich Guttenberg zu einem vorab nicht angekündigten Truppenbesuch in Afghanistan aufhält, haben sich im Internet etliche Nutzer zusammen geschlossen und durchforsten die Doktorarbeit nach möglichen abgekupferten Textpassagen. Politiker von SPD und Linken nennen einen Rücktritt des Ministers unausweichlich, sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten. Nach seiner Rückkehr am Donnerstagabend trifft Guttenberg in Berlin mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammen.

Freitag, 18. Februar: Guttenberg räumt in der Hauptstadt "Fehler" in der Dissertation ein, weist den Plagiatsvorwurf aber "mit allem Nachdruck" zurück. In einer vor wenigen Journalisten verlesenen Erklärung kündigt der Minister an, er werde seinen Doktortitel bis zum Abschluss der Untersuchungen durch die Uni Bayreuth nicht mehr verwenden. Einen Rücktritt lehnt der CSU-Politiker ab. Merkel und die Union stärken ihm demonstrativ den Rücken, CSU-Chef Horst Seehofer erklärt seine "volle Solidarität und Unterstützung für Guttenberg" und bezeichnet die Vorwürfe als "Kampagne".

Samstag, 19. Februar: Gegen Guttenberg werden neue Vorwürfe laut. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann erklärt nach einem entsprechenden "Spiegel"-Bericht: "Es entsteht der Eindruck, dass Teile der Doktorarbeit von Ghostwritern in der Bundestagsverwaltung geschrieben wurden." Oppermann fordert Bundestagspräsident Norbert Lammert auf, "den Vorgang schnell zu untersuchen".

Sonntag, 20. Februar: CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich weist den Vorwurf eines Missbrauchs des Wissenschaftlichen Dienstes zurück. Die Diskussionen würden "immer lächerlicher".

Montag, 21. Februar: Guttenberg erhält erneut Rückendeckung von Merkel. Sie habe Guttenberg nicht als wissenschaftlichen Assistenten oder Inhaber eines Doktortitels berufen, sagt die Kanzlerin. "Mir geht es um die Arbeit als Bundesverteidigungsminister, und die erfüllt er hervorragend." Am Abend kündigt Guttenberg auf einer CDU-Veranstaltung im hessischen Kelkheim an, dass er dauerhaft auf den Doktortitel verzichten werde. Er habe sich am Wochenende die Zeit genommen, sich erneut intensiv mit seiner Doktorarbeit zu beschäftigen. Dabei habe er feststellen müssen, dass er "gravierende Fehler" gemacht habe, die den "wissenschaftlichen Kodex nicht erfüllen". Zugleich leitet Guttenberg der Uni Bayreuth einen Brief zu, in dem er um die Rücknahme des Titels bittet.

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10 Kommentare

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  • F
    Frank

    Es reicht langsam.

    Jede Oma, welche bei einem Ladendiebstahl Vergesslichkeit angeben wuerde, jedes Kind dass beim Download von Musik Unwissenheit als Rechtfertigungsgrund liefert, jeder Angetrunkene der seine persoenliche Einschaetzung seiner Fahrfaehigkeit als Begruendung seines Fehlverhaltens liefert, wird vom Rechtsstaat eines Besseren belehrt.

     

    Bei einem Herrn zu Guttenberg wird aus der nachgewiesenen Umgestaltung von wissenschaftlichen Arbeiten anderer, dem Kopieren von Texten anderer (inklusive Fehler) zum Zweck der Anfertigung einer Doktorarbeit, ein bedauerlicher Irrtum.

    Die -aktive- Entscheidung zu betruegen, wird in eine Unterlassung verwandelt.

     

    Bei einem Herrn zu Guttenberg fuehrt die Rueckgabe des Diebesgutes zur Beseitigung des Tatbestandes.

     

    Bei einem Herrn zu Guttenberg werden berufliche oder familiaere Leistungen mit Straftaten verrechnet und als Resultat kommt ein Unschuldig! als Urteil heraus.

     

    Bei einem Herrn zu Guttenberg werden aus Komplizen gute Freunde.

     

    Ich moechte noch einmal darauf hinweisen, dass wenn das Legalitaetsprinzip und der Gleichheitsgrundssatz in der Bundesrepublik noch Geltung haben, ein Strafverfahren einzuleiten ist.

    Was sagen eigentlich die Staatsanwaltschaft und Juristen einem 2010 in dieser Sache Verurteilten, dem CDU-Kommunalpolitiker Andreas Kasper?

     

    Wenn es nicht zu einem Verfahren kommt, verbitte ich mir, insbesondere von den Fans des Rechtssaates, jeden Verweis auf eine bestehende Rechtslage. Ich erklaere doch meinen Kindern nicht muehevoll dass sich Diebstahl nicht lohnt, um mir dann im Fernesehen! von Ihnen vorfuehren zu lassen das ich der Idiot bin!

  • VR
    Vladimir Rott

    plus ça change, plus c'est la même chose: «...for a time adorned his name with the letters indicating a doctor's degree...thought he would be able to exculpate himself by saying that it had not harmed anyone...»

          – Alois Riklin, Veracity in Politics, St. Gallen 2001

    (und der vollständige Zitat: «The former Bishop of Chur and present Archbishop of Liechtenstein, who for a time adorned his name with the letters indicating a doctor's degree which he had never acquired, thought he would be able to exculpate himself by saying that it had not harmed anyone...»)

  • E
    Ex-Bausparer
  • JK
    Juergen K

    Ich schreib Guttenbergs Arbeit ab und schicke sie selbst ein.

     

    Ob ich an Realitätsverlust leide?

     

    Eben NICHT.

  • MD
    maria daubenbuechel

    ein mensch mit einem so schlechten gedächnis soll der oberste riegsminister in deutschland sein,wie blamabel frau merkel.

  • F
    Farshad

    Bei dieser Debatte muß ich imme wieder an das Stück von Lou Reed in New York Album denken: I´M SO SICK OF YOU!...Sie machen mich krank, Herr Minister!

  • S
    Staatsbürger

    An der Guttenplag-Affäre kann man die Vorgehens- und Denkweise "unserer" Regierung genau studieren.

    Anwendbar auf alles andere auch:

     

    HartzIV: Gerecht, Wettbewerbsvorteil

    Gorleben: Super sicher

    Atomindustrie: Goldene Zukunft, Brückentechnologie

    Bankenkrise: War nicht zu vermeiden, fiel vom Himmel

    Staatschulden: Können wir nicht, wie andere Länder schon lange, aubbauen

    Bldungsausgaben: Unsere neue nationale Statistik weist 8,6 statt 4,8 Prozent wie bei der OECD aus. Wir sind also top.

    Verstehen wir das ganze selber: Nein, aber es ist alternativlos

    usw.

  • S
    Sabine

    Juhu!! wir sollten auch alle unsere Zeugnisse, Gesellenbriefe, Dipolome und Doktorarbeiten fälschen. Scheinbar funktioniert das prächtig, wenn man nicht gerade Verteidigungsminister in Deutschland ist und im Zeitalter des Internets lebt!!

     

    Echt arm! Sowas von schäbig und seine Politikerfreunde stärken Ihm noch ÖFFENTLICH DEN RÜCKEN!!!

     

    Wenn ich früher in einer bescheuerten Schulaufgabe gespickt habe und erwischt wurde (als Kind wohlgemerkt). Wurde ich mit verachteten Worten vom Lehrkörper und mit einer 6 bestraft.

    Aber die "Großkopferten" können ihre doktorarbeit fälschen...alles klar!!! macht nur weiter so....

  • F
    FAXENDICKE

    Wie weit ist es nur mit unserer EX-FDJ-SCHNALLE für Agitation und Propaganda auf Leitungsebene gekommen. Das Frau Merkel keine Lust mehr auf Bundeskasper hat, merkt man ja schon lange, aber, dass sie sich mangels Personal an diesen LÜGENBARON als Minister und Nachfolger klammert ist ja mehr als peinlich und traurig.

  • S
    Stefan

    "Sie habe Guttenberg nicht als wissenschaftlichen Assistenten oder Inhaber eines Doktortitels berufen, sagt die Kanzlerin."

     

    aber hoffentlich doch als einen integren und glaubwürdigen Menschen und nicht als einen Lügenbaron, der betrügt und belügt - oder etwa doch?

     

    vg, stefan