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Gute und böse Spione?

■ Verfassungsbedenken gegen das Hamburger Agentenverfahren

Ist das Hamburger Spionageverfahren gegen den Ex-Chef der Abteilung 15 beim Ministerium für Staatssicherheit (MfS) in Neubrandenburg, Wolfgang H., verfassungswidrig? Mit dieser Frage befaßte sich gestern das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG). H. muß sich zusammen mit dem Hamburger Polizisten Eckhard K. wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit für die DDR verantworten. Beiden wird zur Last gelegt, den Hamburger Polizeiapparat bespitzelt zu haben.

H. brachte zu Beginn des gestrigen Verhandlungstages sein Unverständnis über das Verfahren zum Ausdruck. Für ihn sei die DDR, in der er aufgewachsen ist, ein souveräner Staat gewesen, der von über 130 Ländern anerkannt worden sei und mit dem er sich „identifiziert“ habe. Sein Wirken beim MfS habe er immer als „defensiv“ verstanden. Der Oberst a. D.: „Daß jeder souveräne Staat Ausländsauflärung betreibt, ist selbstverständlich. Die Sicherheit der DDR war davon abhängig, daß man wußte, was die Nato macht.“ Durch die Arbeit der „Auslandsaufklärung“ sei während des Kalten Krieges „manche Eskalation verhindert“ worden. H.: „Mir ging es immer darum, einen dritten Weltkrieg zu verhindern.“

Es sei daher für ihn ein Unding, daß nach der „Wiedervereinigung“ Agenten der DDR vor Gerichte gestellt würden, während die Spione des westlichen Bundesnachrichtendienstes, die auf DDR-Gebiet gespitzelt haben, rehabilitiert worden seien. In einem vereinten Deutschland dürfe es keine „guten“ und keine „bösen“ Spione geben.

Mit dieser Formel befindet sich H. durchaus im Einklang mit dem Ansinnen des Wiedervereinigungsvertrages. DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière und Wessi-Unterhändler Wolfgang Schäuble hatten damals ausdrücklich vereinbart, daß MitarbeiterInnen beider deutschen Auslandsgeheimdienste nach der Vereinigung straffrei bleiben würden. Erst im Nachhinein argumentierte die westliche Justiz anders, weil es sich völkerechtlich nicht um eine Vereinigung, sondern um einen „Beitritt der DDR zur BRD“ gehandelt habe.

Das Berliner Kammergericht hat nun in einem gleichgelagerten Agentenprozeß das Verfahren ausgesetzt und das Bundesverfassungsgericht (BVG) angerufen. Grund: Eine Aburteilung der DDR-Spione verstoße gegen Artikel 3 des Grundgesetzes. Wolfgang H.s Verteidiger Reinhard Daum forderte daher, auch das Verfahren gegen seinen Mandanten bis zur BVG-Entscheidung auszusetzen. Nach langem Procedere lehnte das Gericht gestern dieses Ansinnen ab. Richter Albrecht Mentz überheblich: „Wenn man sich für unsicher hält, könnte man darüber diskutieren. Wir sehen aber keine verfassungsrechtlichen Bedenken.“ Ein waghalsiger Beschluß: Es wäre nämlich nicht das erste Urteil, was diesem OLG-Senat vom Karlsruher Verfassungsgericht aufgehoben würde. Kai von Appen

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