: Gutachter-Kontra
■ GAL rechnet Altenwerder ganz anders
Es gibt auch andere Kalkulationen als die der Wirtschaftsbehörde. Die hält die Hafenerweiterung in Altenwerder nach wie vor für die günstigste Lösung und hat am Mittwoch entsprechend entschieden. Die offizielle Rechnung wird von einer bisher unveröffentlichten Nutzen-Kosten-Untersuchung der GAL widerlegt: „Die Kosten, die durch die Hafenerweiterung entstehen, sind weitaus höher als ihr Nutzen“, gab GAL-Wirtschaftssprecher Alexander Porschke gestern vorab bekannt.
Die Behörden-Aussage stützt sich auf ein Gutachten der Essener Consulting-Firma Planco vom vergangenen September. Deren „Nutzen-Kosten-Betrachtung“ zur Hafenerweiterung kam zu dem sensationellen Verhältnis von 27:1. Das heißt: Jede der in Altenwerder investierten Millionen soll mit schier unglaublicher Rendite zurückfließen. „So ein Ergebnis ist mir noch nie begegnet“, wundert sich GAL-Wirtschaftsreferent Detlev Grube. Im Bundesverkehrswegeplan hätten viele Projekte Schwierigkeiten, einen Faktor von 5:1 zu erreichen.
Nach Grubes eigenen Berechnungen – ausgewertet wurden dieselben Daten wie im Planco-Gutachten – ist das Nutzen-Kosten-Verhältnis für Altenwerder kleiner als eins. Für die himmelweiten Unterschiede führen Grube und Porschke fünf Gründe an: Erstens: Planco führte statt der in der Landeshaushaltsordnung (Paragraph 7) vorgeschriebenen Untersuchung nur eine „Betrachtung“ durch. Grube: „Dadurch wurde die übliche Methodik geschickt umgangen.“ Zweitens: Während der Bund zusätzliche Arbeitsplätze mit 20 500 Mark pro Jahr veranschlagt, multiplizierte Planco mit 59 000 Mark. Drittens: Ökologische Kosten wurden nur einbezogen, wenn durch sie ein Nutzen entstand. Viertens: Alternativen wie der Petroleum- oder Dradenauhafen wurden nicht verglichen. Fünftens: Planco nahm als „Planungshorizont“ 50 Jahre an. Die Bundeshaushaltsordnung empfiehlt jedoch, um Hafenausbauten zu berechnen, „von einer kürzeren ökonomischen Lebensdauer (30 Jahre) auszugehen.“
Die GAL-Untersuchung soll der Wirtschaftsbehörde demnächst zugehen. Währenddessen sucht Staatsrat Heinz Giszas weiterhin nach dem „Denkfehler“ einer BUND-Studie, die nachweist, daß die Hafenerweiterung nirgendwo so teuer ist wie in Altenwerder (taz berichtete). „Die vier Seiten Text sind nicht prüffähig“, erklärte Behörden-Sprecher Wolfgang Becker. Der BUND habe aber eine differenziertere Darstellung angekündigt. Heike Haarhoff
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