Gutachten zum Rad-Entscheid in Berlin: Jetzt dürfen es alle lesen

Die Umweltverwaltung veröffentlicht das Gutachten zum Gesetzentwurf der Initiative Volksentscheid Fahrrad. Die taz hatte es Anfang Januar publik gemacht.

Radschnellweg

Soll es bald auch in Berlin geben: Radschnellweg, hier in Potsdam Foto: dpa

Wer eine Leidenschaft fürs Radfahren und für nahezu unleserliche Texte hat, für den ist der Abend gerettet: Die Senatsverwaltung für Umwelt und Verkehr hat das Gutachten über die Rechtsmäßigkeit des von der Initiative Volksentscheid Fahrrad eingebrachten Gesetzentwurfs veröffentlicht. Auf 33 Seiten steht dort, mit welchen Gründen die Rechtsanwaltskanzlei Redeker, Sellner, Dahs den Entwurf weitgehend als nichtig betrachtet.

Die frühere Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Umwelt und Verkehr unter Senator Andreas Geisel (SPD) hatte das Gutachten in Auftrag gegeben. Die Einschätzung der Kanzlei liegt der Verwaltung seit 12. Oktober vor.

Unter dem Titel „Rechtliche Stellungnahme zur Vereinbarkeit des Gesetzentwurfs Volksentscheid Radverkehr mit Bundesrecht“ werden darin vor allem die ersten Paragraphen des Gesetzentwurfs unter die Lupe genommen. Dabei handelt es sich um zentrale Punkte, wie Grüne Welle für Radler, Radschnellweg und Fahrradstraßen. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass Regelungen dieser Art ausschließliche Aufgabe des Bundes sind; die Länder also keine Gesetzgebungsbefugnis haben.

Die taz hatte das Gutachten bereits Anfang Januar publik gemacht und auch die darauf beruhende Einschätzung der Senatsverwaltung. Sie schließt sich in einem vierseitigen Schreiben weitgehend der Einschätzung der Gutachter an. Wörtlich heißt es dort: „Das Land Berlin hat keine Gesetzgebungsbefugnis für die im Gesetzentwurf enthaltenen straßenverkehrsrechtlichen Regelungen.“

Pikant ist neben der negativen Einschätzung durch die Senatsverwaltung auch deren Zeitpunkt. Sie erfolgte am 7. Dezember – dem letzten Tag, an dem Geisel Verkehrssenator war. Am 8. Dezember wurde er als Innensenator vereidigt. In dieser Position muss er die rechtliche Prüfung des Radgesetzes abschließen und verkünden; die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt hat nur die „fachrechtliche Prüfung“ vorgenommen. Laut Geisels Sprecher soll ein Ergebnis bis Ende Januar oder Anfang Februar passieren.

Neben dem Zeitpunkt der Übermittlung der Ergebnisse an die Innenverwaltung ist auch die Dauer der Prüfung auffällig: Mehr als sechs Monate dauert sie bereits. Die Initiative selbst hat deswegen den Senat wegen Verschleppung verklagt.

Zudem hat sie nach der Berichterstattung der taz über die Prüfung die Offenlegung des Gutachtens verlangt. Dem ist die Senatsverwaltung für Umwelt unter der neuen Senatorin Regine Günther (parteilos, für die Grünen) nun nachgekommen.

Pikant ist neben der negativen Einschätzung durch die Senatsverwaltung auch deren Zeitpunkt.

Das dürfte auch als Zeichen guten Willens gegenüber der Initiative gemeint sein. Denn Günther muss mit den Radaktivisten über das Radgesetz verhandeln und so einen Volksentscheid abwenden. Sie hat angekündigt, bis März einen Gesetzentwurf vorzulegen, der den Radlern und der rot-rot-grünen Koalition gerecht wird. Das kann nur gelingen, wenn die AktivistInnen vom Volksentscheid Fahrrad mitmachen.

Übrigens: Wer eine Leidenschaft fürs Radfahren, aber keine für komplizierte lange Texte hat, sollte das Gutachten von hinten beginnen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.