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Gutachten zum BetreuungsgeldHerdprämie ist verfassungswidrig

Schwarz-Gelb will Kita-Verweigerer belohnen. Doch laut Gutachtern fördert das geplante Betreuungsgeld nicht alle Familienformen gleich und ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

Zuhause malen oder in der Kita? Kindern dürfte das egal sein. Bild: subwaytree / photocase.com

BERLIN taz | Das geplante Betreuungsgeld ist verfassungswidrig. Zu dieser Einschätzung kommt die Verfassungsrechtlerin Ute Sacksofsky in einem Gutachten, das die Grünen bei der Professorin an der Universität Frankfurt in Auftrag gegeben hatten.

"Es widerspricht dem Gleichheitsgebot in Artikel 3 und dem Grundsatz der Förderung aller Familienformen laut Artikel 6 des Grundgesetzes", sagte Sacksofsky am Donnerstag in Berlin. Zu einem ähnlichen Ergebnis ("verfassungsrechtlich prekär") kam bereits eine Studie der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Die Expertise der Rechtswissenschaftlerin Margarete Schuler-Harm stellte fest, dass die sogenannte Herdprämie "verfassungsrechtlich prekär" ist.

Die schwarz-gelbe Bundesregierung plant, ab 2013 jenen Familien ein Betreuungsgeld in Höhe von monatlich 150 Euro zu zahlen, die ihre Kinder zuhause betreuen, statt sie in eine Kita zu bringen. Seit die Idee in der Welt ist, gibt es heftigen Debatte. Die Opposition lehnt die "Herdprämie" mit der Begründung ab, es widerspreche einem modernen Frauen- und Familienbild sowie dem Anspruch, jedes Kind so früh wie möglich zu fördern. Die CSU plädiert dafür, das Geld in Bar zu zahlen, während die FDP es über Gutscheine verteilen will. Die CDU ist gespalten. Das Betreuungsgeld soll bis zu 2 Milliarden Euro jährlich kosten.

"Wir hatten von Anfang an Bedenken, ob das Betreuungsgeld verfassungskonform ist", sagt Katja Dörner, familienpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion. Ein grüner Gesetzentwurf zur Streichung des Betreuungsgeldes soll am 15. Dezember im Familienausschuss beraten werden. Im Frühjahr soll es eine Anhörung dazu geben.

Sollte der schwarz-gelbe Plan tatsächlich umgesetzt werden, könnte ein Viertel der Bundestagsmitglieder beim Bundesverfassungsgericht dagegen eine abstrakte Normenkontrollklage einlegen, ohne dass es einen konkreten Fall und Betroffene gibt.

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4 Kommentare

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  • A
    Anna

    Erst ätzen Sie, DIE Bundesregierung will das Betreuungsgeld einführen, um dann im Artikel zu schreiben, daß es in der CDU umstritten ist, die FDP das Gutscheinmodell will (welches ich der Herdprämie definitiv vorziehe), und im Endeffekt nur die CSU die Bargeldzahlung möchte.

     

    Die reißerische Falschinformation Ihrerseits hat in DIESEM Fall schon fast BLÖD-Zeitungs-Niveau.

  • V
    Vater

    gleich vorneweg: Als mitbetreuender Großvater bringe ich auf die Entscheidung seiner Eltern hin mein Enkelkind auch 3 mal die Woche für ein paar Stunden in die Krabbelgruppe. Das es ihm dort gut geht möchte ich nicht anders erleben. Und meine eigenen Kinder haben vom 3. Lebensjahr von Anfang an den Kindergarten besucht.

     

    Aber mir geht es um die Einschränkung der Freiheitsrechte der Eltern. Aus den Verlautbarungen der Grünen zu einem Gesetz gegen das Betreuungsgeld geht unzweideutig hervor, daß staatlicherseits das eigene Erziehen der Eltern auch in der allerersten Zeit tendenziell verneint und die Krabbelgruppe für bereits Einjährige eines Tages so wie die Schulpflicht zur Pflicht gemacht wird. Das Betreuungsgeld ist mit den 150 € im Monat ein Klacks für die Leistung der Eltern das kleine Kind selbst zu erziehen. Und Peanuts für den Staatshaushalt!! Aber es hat, wie die Grünen auch wissen, eine Symbolwirkung von nicht zu unterschätzendem Wert. Ich weiss nicht was es ist, eine Nachwirkung des Feminismus und seiner Ideologie?, daß hier bestimmte undurchsichtige, besserwisserische und bevormundende Zirkel quer durch die Medien und Parteien am Werke sind, denen es nur um eines geht, die Lebensform der Hausfrau in unserer Gesellschaft im offiziellen Mainstream des Denkens, als Folge dann in der Realität, ein für alle mal auszurotten. Mit der Folge der Verarmung unseres privaten gesellschaftlichen Lebens.

  • F
    Farbenseher

    Also bitte, als ob Das Grundgesetz diese Regierung schon mal interessiert hätte... Wir werden von Anarchisten regiert.

  • E
    erikius

    Jetzt wird schon von "KITA-Verweigerer" gesprochen...

    Spricht da der unterschwellige Wunsch, dass endlich wieder der Staat die Kinder erziehen solle? Wer sich der staatlichen Kontrolle entzieht wird ausgegegrenzt? Was heute der Verweigerer ist, ist morgen schon Dissident...

    Welcome back DDR...