Gutachten zu gebrauchten Programmen: Software aus dem Second-Hand-Laden
Eine deutsche Firma verkauft Lizenzschlüssel für Software, die vom ursprünglichen Käufer nicht mehr gebraucht wird. Nach Einschätzung des Europäischen Gerichtshofes ist das zulässig.
LUXEMBURG afp | Gebrauchte Software-Lizenzen sollen generell weiterverkauft werden dürfen. Nach einem am Dienstag beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg vorgelegten richterlichen Rechtsgutachten soll dies auch dann gelten, wenn die Software im Internet gekauft und von dort heruntergeladen wurde.
Dagegen soll es unzulässig sein, die Software für den Weiterverkauf zu kopieren. Das abschließende Urteil wird voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte verkündet. Der EuGH ist nicht an das Gutachten gebunden, er folgt dem Gutachter aber in den allermeisten Fällen. (Az: C 128/11)
Software wird inzwischen meist nicht mehr auf CDs verkauft, sondern direkt beim Hersteller aus dem Internet heruntergeladen. Das deutsche Unternehmen UsedSoft handelt mit Lizenzen auch solcher Software, die vom ursprünglichen Käufer nicht mehr benötigt wird. Mit dem bei UsedSoft erworbenen „gebrauchten“ Lizenzschlüssel kann sich der Käufer teils direkt beim Hersteller die Software neu herunterladen.
Dagegen klagte das US-Unternehmen Oracle. Es gehört zu den weltweit führenden Software-Herstellern, insbesondere für den Bereich elektronischer Datenbanken. Mit dem bei UsedSoft erworbenen Lizenzschlüssel kann sich der Käufer direkt bei Oracle eine neue Kopie der Software herunterladen. Der Bundesgerichtshof (BGH) legte den Streit dem EuGH vor.
Rechte des Verkäufers „erschöpft“
Hintergrund ist die sogenannte Erschöpfungsregel. Danach sind die Rechte eines Herstellers, der seine Ware innerhalb der EU angeboten und verkauft hat, erschöpft, also verfallen. Die Kontrolle liegt danach beim Käufer, einschließlich des Rechts auf Weiterverkauf. UsedSoft meint, dies umfasse auch den Weiterverkauf in Form einer Kopie. Dagegen argumentiert Oracle, die Erschöpfungsregel sei gar nicht anwendbar, weil Software aus dem Internet nicht dinglich existiert.
Der sogenannte EuGH-Generalanwalt Yves Bot schlug nun einen Mittelweg vor. Die „Erschöpfungsregel“ dürfe nicht untergraben werden und müsse generell auch für Software gelten. Andernfalls würden die Vermarktungsrechte der Hersteller unangemessen erweitert. Allerdings beziehe sich das Weiterverkaufsrecht nur auf die ursprüngliche, vom Erstkäufer aus dem Internet gezogene Kopie. Daher sollen die Hersteller weitere Kopien selbst dann verbieten können, wenn der Erstkäufer seine ursprüngliche Kopie löscht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Fußball-WM 2034
FIFA für Saudi-Arabien
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen