: Gut-Böse-Schemata
betr.: „Eurydikes starke Schwestern“, taz vom 30. 12. 99
Elisabeth Bronfens Bestandsaufnahme erfolgt, im Gegensatz zur angeblich „hellsichtig analysierenden“ „Eyes wide shut“-Protagonistin, im Stile einer eifernden, kindlichen Gut-Böse-Schemata anwendenden Feministin. Sie verweist mit Allen, Craven, Fincher und Kubrick auf vier männliche Regisseure, in deren Filmen die weiblichen Figuren gegenüber den männlichen Charakteren sichtbar Pluspunkte sammeln, und hört darin den Chor der zynischen Männerstimmen, die ihr eigenes Ende im „Schwanengesang“ besingen.
Ist das „Zynismus“ und „Selbstbezogenheit“, wenn real existierende Männer cineastisch Frauen eine selbstbewusste Rolle und den Männern Selbstzweifel zukommen lassen? Mit solchen Formulierungen macht sich die Autorin verdächtig, einem eigenen, qualitativ pubertären Projektions- und Emanzipationsdrang nachzugeben.
Was ist mit wunderbaren (frauengeschaffenen!) Filmen wie „Antonias Welt“, in der weibliche Stärke als psychologisch infantiles Mimikry von leerem, unreifem männlichem Actiongehabe („Fräulein Smillas Gespür für Schnee“) präsentiert wird, sondern als liebes-, lebens-, handlungs- und durchsetzungsfähige Variante?
Mensch muss keinen Penis haben (und offensichtlich muss man die Dinger beim Namen nennen), um erfolgreich zu sein. Mensch muss aber auch keine Brüste haben, um selbstkritisch, offen, lernwillig und liebesfähig zu sein. [...] Das zwanghafte Werten ausgewählter fiktiver Charaktere in ausschließlich geschlechtsspezifischen und damit sexualpolitischen Kategorien erinnert an die staatsdoktrinär veranlasste, instrumentalisierende Uminterpretation klassischer Literatur in der DDR. Klaus Wiechmann, Gießen
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