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Gurke des Tages

In der „sympathischen Stadt“ Greiz (Eigenwerbung) wurde der Ex-Landtagsabgeordnete Roland Meyer (CDU) bei der kürzlichen Vernissage einer Ausstellung mit Karikaturen und Collagen des taz-Zeichners Nel und des Kabarettisten Ulf Annel verhaltensauffällig. Er fühlte sich von einem verfremdeten Madonnenbrustbildnis in seinen religiösen Gefühlen empfindlich verletzt. „Das gab's bei den Kommunisten nicht!“ schrie er laut und stufte die darauf befindliche Jesukind-Sprechblase „Gott, ich danke Dir für diese herrlichen Titten“ als „verfassungsfeindlich“ ein. Wenige Stunden später schickten die am meisten religiös Beleidigten der Stadt ihre wirklich zu allem entschlossenen Bodentruppen unter dem Kommando des Stadtrates Joachim Gräßer (CDU) in das Greizer Sommerpalais, der eine zweiseitige ikonoklastische Eintragung ins Gästebuch vornahm und das augenblickliche Entfernen dieser und weiterer „blasphemischer“ Arbeiten, und zwar zackzack, befahl. Durch die Bevölkerung geht seither ein tiefer Riß. Landrätin Martina Schweinsburg (CDU) indes ist um Schadensbegrenzung bemüht. Sie sprach sich „gegen jede Art von Kunstverbot“ aus. Gemäßigte Stimmen fürchten nun um das internationale Ansehen der einstigen DDR-Karikaturen-Hauptstadt. Mit den ethischen Säuberungen werde nur ein investorenfeindliches Klima geschaffen, verlautete aus Kreisen deutlich weniger verletzter CDU-Mandatsträger.

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