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Güterverkehr auf die SchieneAuf Straßenbau verzichten

Verkehr und Landwirtschaft bleiben hierzulande die großen Umweltsünder, sagen die "Daten zur Umwelt" des Umweltbundesamtes. Der Güterverkehr muss auf die Schiene.

Neue Autobahnen helfen nicht, sondern schaden. Bild: Anita Martinz - Lizenz: CC-BY

Eine radikale Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene hat JOchen Flasbarth, Präsident des Umweltbundesamtes (UBA), gestern in Berlin gefordert. "Wir brauchen bei der Bahn eine Steigerung des Gütertransports von 80 Prozent bis 2020", sagte er bei der Vorstellung des Berichtes "Daten zur Umwelt 2009". Demnach hat der Lkw-Verkehr in Deutschland seit 1991 um 89 Prozent zugenommen. "Das ist mit den Klimaschutzzielen nicht zu vereinbaren", so Flasbarth.

Der Systemwechsel hin zur Bahn sei nur möglich, wenn auf den Bau von Straßen verzichtet werde, so Flassbarth. Zugleich müsse massiv ins Schienennetz investiert werden. "Das betrifft sowohl den Ausbau bestehender Schienen als auch ihren Neubau." Zudem müssten Güter von der Straße auf Wasserwege umgeleitet werden. Auch auf den bestehenden Wasserstraßen könnten mehr Binnenschiffe fahren, auch ohne neue Staustufen in den Flüssen. Die Debatte um ihren Ausbau besitze einen "höheren emotionalen als faktischen Wert".

Der Verkehr gilt zudem als einer der Hauptverursacher von Feinstaub und Stickoxiden, die Umwelt und menschliche Gesundheit in Deutschland weiter stark belasten. "Die gesetzten Ziele zur Schadstoffreduzierung erreichen wir in diesem Fall nicht", sagte Flasbarth. Die Grenzwerte für Feinstaub werden laut Bericht an rund einem Viertel der verkehrsnahen Messstationen an mehr als den zulässigen 35 Tage überschritten. Feinstaub schädigt die Atemwege und kann Krebs auslösen, Stickoxide reizen die Schleimhäute und gelten als eine der Hauptursachen für das Waldsterben durch sauren Regen.

Sorge bereiten den Umweltschützern auch Stickstoffe aus der Landwirtschaft. Zwar sank die Überdüngung pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche zwischen 1991 und 2005 um 20 Prozent von 130 auf 104 Kilogramm. Doch eigentlich sollte der Stickstoffüberschuss im nächsten Jahr auf 80 Kilogramm pro Hektar reduziert werden. "Das schaffen wir voraussichtlich nicht", so Flasbarth.

Er hatte aber auch gute Nachrichten. So ging die Emission von Treibhausgasen von 1990 bis 2007 um 22,5 Prozent zurück, im vergangenen Jahr habe sich diese Zahl stabilisiert. Damit hat Deutschland sein Minderungsziel von durchschnittlich 21 Prozent unterschritten.

Bis 2020 hat sich die Bundesrepublik zu einer Reduzierung der Treibhausgase um 40 Prozent verpflichtet. Auch das könne eingehalten werden, so Flassbarth. Allerdings seien bisher vor allem leicht erreichbare Ziele gesteckt worden. "Nun wird es anstrengender", sagte der UBA-Präsident. Die Energieproduktivität müsse deutlich gesteigert und der Kraftwerkspark umgebaut werden.

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4 Kommentare

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  • G
    GonZoo

    Als Mitglied des VCD ist man gut informiert :-)

     

    In der aktuellen Ausgabe 5/2009 der Mitgliederzeitschrift "fairkehr" wird mit der Planung des zuständigen Verkehrsministeriums recht deutlich abgerechnet - dort regiert die Strassenbaulobby.

     

    Zu den unterhaltsamen Parametern, mit denen die zuständige Behörde plant, gehört eine nur minimale zu erwartende Steigerung der Spritpreise, eine totale Konzentration auf den Strassenbau und eine totale Nullnummer beim Schienenverkehr. Selbst für wichtige Strecken im norddeutschen Raum, die heute einen Flaschenhals für den Güterverkehr darstellen, gibt es keine (!) Ausbauplanung.

  • L
    Landei

    Ha. Als ob die Bahn auf ihrem Kurs zur Börse als "Lufthansa am Boden" mehr Güterverkehn auf der Schiene überhaupt haben wollte.

    Es gab mal ein sehr flächendeckendes Schienennetz in Deutschland, und bei den meisten Bahnhöfen gehörte ein Güterbahnhof ganz einfach dazu. Aber die Strecken hat man eben stillgelegt, wenn das Fahrgast- und Frachtaufkommen den Ansprüchen der Bahnbetriebswirtschaftler nicht mehr genügte. Vor gut zehn Jahren las ich noch einen Bericht über einen Möbelhersteller im Bayerischen Wald, der bis dahin sein Material über die Bahn bezogen hat und seine Produkte mit der Bahn in die Welt transportierte. Bis man ihm dann mitteilte, sein Frachtvolumen rechtfertige einfach keinen Bahnbetrieb mehr.

  • K
    Karl

    Wieder mal ökologische kaffeesatzleserei. warum fragt eigentlich niemand mehr: "wer hat das gemessen und warum?"

     

    Allein das NOx-Problem ist komplexer als es den Anschein haben mag, war doch e.g. in 2008 messbar (an durch Felssturz monatelang stillgelegten Autobahneabschnitten in engen Alpentälern)das trotz signifikant kleinerer Verkehrsbelastung die NOx-Werte nahezu unverändert geblieben sind. Die Aufkläung des Sachverhaltes läßt noch auf sich warten.

     

    Mit dümmlichen Pauschlisierungen, auch vom UBA, ohne Kausalitätsanalyse kommen wir im Umweltschutz nicht besonders weit! Korrelationen aufstellen ist keine Naturwissenschaft!, Korrelationen durch geeignete Verfahren in-situ zu prüfen schon. Wo ist das hier geschehen?

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • S
    Stephan

    Ich würde es auch begrüßen, wenn der Güterverkehr von der Straße auf die Schiene verlagert wird. Doch ich befürchte,dass eine schnelle Umsetzung der Pläne nicht möglich ist, da die Unterstützung aus der Politik fehlt. Und auch unter der Bevölkerung fehlt das Bewusstsein für das Problem. Überall in Deutschland wurden in den letzten zwei Jahrzehnten Güterbahnhöfe stillgelegt und abgebaut und damit dem Güterverkehr auf der Schiene das Rückgrat gebrochen. Die Bahn hat die Arreale von Güterbahnhöfen in Innenstadtlage zu Schleuderpreisen veräußert.

     

    Der Bürger wird von der LKW- und Autolobby an der Nase herumgeführt. Im Supermarkt habe ich heute die Auswahl zwischen Bioprodukten und "normalen" Produkten, bei den Engeriekonzernen zwischen Öko- und Normalstrom. Aber ich kann mich nicht dafür entscheiden, dass meine Bioprodukte auch auf umweltfreundliche Weise transportiert werden und kann nichts dafür tun, dass mein Brief mit der Bahn und nicht mit dem stinkenden LKW zu mir kommt - ganz einfach deswegen, weil die Infrastruktur für Gütertransporte auf der Schiene immer weiter zurechtgestutzt wird und außer einem Rumpfnetz wohl in der Zukunft kaum noch was übrig bleiben wird.