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■ Günter Reiss baut seit sieben Jahren an seinem TraumschiffLuxusyacht vom Allgäuer Bauernhof

In drei Jahren, voraussichtlich, ist es soweit. Da werden dann die Leute dastehen und sich wundern, wie er das geschafft hat. Irgendwer wird sicher beim Abschiedsfest im Dorf „La Paloma“ auflegen, und dann werden sie diesem jungen Mann samt Frau und Kind und Bruder einen zünftigen Abschied bescheren. Einige von ihnen erinnern sich noch daran, daß es schon einmal, vor zwanzig Jahren dürfte das gewesen sein, ein solches Fest in ihrer Gemeinde gegeben hat. Da hatte einer von ihnen auch jahrelang an seinem Schiff herumgebaut und war aufgebrochen aus dem Allgäuer Dorf Sontheim und hinausgefahren in die Welt.

„Dieses Abschiedsfest“, sagt der 34jährige Maler und Lackierer Günter Reiss, „ist mir in Erinnerung geblieben, das hat mich immer wieder in den letzten Jahren motiviert.“ Draußen am Ortsrand von Sontheim, auf einem Bauernhof, ist eine scheinbar uralte, verrostete 17-Meter-Yacht aufgebockt. Es ist ein recht merkwürdiges Bild. Wie eine Arche, die ihren Einsatz längst hinter sich hat, steht sie da. Man möchte es kaum glauben, daß all dieser Rost nur Flugrost ist, der die Stahlplatten überzogen hat. „Nach dem Sandstrahlen sieht das ganz anders aus. Dann beginnen wir mit dem Innenausbau“, sagt Günter Reiss. Und irgend etwas in der Stimme des passionierten Tauchers läßt die Zweifel verstummen. Knapp 15.000 der insgesamt veranschlagten 25.000 Arbeitsstunden hat er schon hinter sich. Bei genauerem Hinsehen, beim Besichtigen des Schiffsrumpfes – „da kommt die Kombüse hin, hier das Kinderschlafzimmer“ –, läßt sich erahnen, daß dieses Schiff einmal etwas ganz Besonderes wird. „Sobald das Ding fertig ist, wird zunächst mal auf dem Mittelmeer rumgeschippert. Dann, wenn alles paßt, geht es um den Globus rum, um die ganze Welt.“ Zuversichtlich schaut er drein, der Mann, der den 85-PS-Schiffsmotor schon daheim in der Garage stehen hat. Es ist, als würde ihm dies die Gewißheit geben, daß es wirklich klappen wird. Daß es in den letzten Jahren Verzögerungen gegeben hat, liegt schlicht und einfach daran, daß er kräftig zupacken mußte, als zwei seiner Brüder gebaut haben. „Sonst wären wir schon viel weiter. Aber es pressiert ja nicht.“ Als Allgäuer braucht man besonders viel Geduld, wenn man sich eine Luxusyacht in Eigenregie zusammenbauen will. Allein schon wegen des Wetters. „Mal macht der Wind jede Arbeit an Deck unmöglich, heuer hat es schier endlos geregnet, und letztes Jahr war der Sommer so heiß. Da hatten wir 54 Grad, und die acht Tonnen Stahl haben sich so aufgeheizt, da war an Schweißen gar nicht mehr zu denken.“ Günter Reiss, seine Frau Elke und sein Bruder Joachim haben sich professionelle Schiffsbaupläne bei der englischen Spezialfirma Roberts gekauft. Genau 16,80 Meter lang, 5,50 Meter breit und 4,75 Meter hoch wird die Yacht aus dem Allgäu. Der 19-Meter-Mast wird eines nicht mehr allzu fernen Tages eine Segelfläche von 131 Quadratmetern tragen.

Die Bekannten und Freunde sind nicht unglücklich über das Hobby von Günter Reiss. „Wir brauchen nicht lange zu überlegen, was wir ihm zum Geburtstag oder zu Weihnachten schenken“, meint seine Bekannte Luisa. Vor einigen Jahren war so etwas wie ein Tiefpunkt erreicht. Da mußten sie einen Tieflader anfordern und einen Kran. „Da haben sie eine Straße gebaut. Genau durch das Grundstück, auf dem der Kahn stand, und deshalb mußte der weg.“

Günter Reiss hat sich nicht unterkriegen lassen. Er weiß: Es kommen viele Seeleute aus dem Allgäu. Töchterchen Nadja jedenfalls steuert einer recht abenteuerlichen Kindheit entgegen. Klaus Wittmann

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