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Guantanamo-HäftlingeIn Deutschland doch willkommen?

Die Bundesregierung will offenbar nun doch Häftlinge aus dem US-Lager Guantánamo aufnehmen. Schon im Frühjahr könnten drei Gefangene kommen.

Demo zur Freilassung von Guantanamo-Häftlingen in Washington. Bild: ap

BERLIN taz | Die Bundesregierung ist nun auch so weit: Die Aufnahme einiger Häftlinge aus dem völkerrechtswidrigen US-Gefangenenlager in Guantanamo Bay auf Kuba steht offenbar kurz bevor.

Das Innenministerium bestätigte am Sonntag einen Spiegel-Bericht zwar nicht direkt, wonach die Bundesrepublik noch im Frühjahr etwa drei Männer aufnehmen könnte. Ein Ministeriumssprecher erklärte aber: "In Abstimmung mit dem Bundeskanzleramt und dem Auswärtigen Amt hat das Bundesinnenministerium erneut Gespräche mit den Vereinigten Staaten zu dieser Frage aufgenommen. Dabei geht es um einzelfallbezogene Prüfungen."

Julia Duchrow, Völkerrechtlerin bei Amnesty International, sagte zur taz, die Verhandlungen zwischen Bundes- und US-Regierung seien wohl "so konkret, dass man sich vorstellen könnte, dass sie zu einer Aufnahme führen". Es sei gut, wenn auch Deutschland nun - wie bereits viele andere europäische Staaten - eine Delegation nach Guantánamo geschickt und mit Aufnahmekandidaten geredet habe.

"Erfreulich ist, dass die Bundesregierung offenbar Schritte unternommen hat, um eine Aufnahme auch praktisch in einem der Bundesländer gewährleisten zu können", sagte Duchrow. Die Gefahr, dass die Länderinnenminister, die für die Begleitung oder Überwachung der Ex-Häftlinge zuständig wären, sich querstellen, sah Duchrow demnach nicht. Amnesty International und US-Menschenrechtler warben erst im Februar in Berlin dafür, dass Deutschland seine harte Haltung aufgibt.

Sollte mindestens ein Landesinnenminister Aufnahmebereitschaft signalisiert haben, so muss Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) jetzt noch der Unionsfraktion im Bundestag erklären, wie sie von der bisherigen Abwehrlinie herunterkommt. Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach warnte zwar schon einmal in der Bild am Sonntag: "Sollten wir aus humanitären Gründen ehemalige Häftlinge aufnehmen, müssen alle Sicherheitsbedenken bei jedem einzelnen Ex-Häftling geprüft und ausgeräumt werden." Ein kategorisches Nein war das aber nicht.

Schon die große Koalition hatte erklärt, man sei bereit, dem US-Präsidenten Barack Obama bei der Auflösung von Guantánamo zu helfen. Doch als die Anfragen bezüglich der etwa 50 Häftlinge kamen, denen nichts Strafrechtliches vorzuwerfen ist, die aber wegen drohender Folter nicht in ihre Heimat zurückkönnen, schaltete der damalige Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf stur. Die USA mögen die Leute selbst nehmen, hieß es. Dieser Weg wurde Obama jedoch vom US-Kongress versperrt.

Gegenwärtig sind noch etwa 190 Häftlinge im Lager. Laut Spiegel waren vergangene Woche Vertreter des Innenministeriums, des Bundeskriminalamts und des Bundesamts für Migration in Guantánamo. Dort sollen sie den Palästinenser Mohammed Tahamuttan, den Jordanier Ahmed Mohammed al-Shurfa und den Syrer Mahmud Salim al-Ali getroffen haben.

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7 Kommentare

 / 
  • V
    vic

    Willkommen werden sie sicher nicht sein.

    Die Bevölkerung wird schäumen, die Medien werden eine beispiellose Jagd auf die langjährigen Folteropfer veranstalten, deren Vergehen es war zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort zu sein.

  • M
    MaraL

    @Stefan:

    Sie sagen: "Erst ein Kommentar und schon sind wieder die Juden Schuld"

    Sehr geehrter 'Stefan', Ihr Kommentar hat mit Sachlichkeit nichts zu tun. Ihre Nazi-Schiene ist gelebte Argumentations- und Niveaulosigkeit. Darf ich erinnern: Juden und Judentum hat mit Religion zu tun, das ist das Eine, niemand hat da was kritisiert. 'Israel' ist ein Staat, ein politisches Gebilde und betreibt Politik. Das ist zu unterscheiden! Politik, auch israelische Politik, muß kritisierbar sein dürfen, ohne dass Sie sofort religiös-jüdisch-pseudohistorisierend 'argumentieren'.

  • S
    Stefan

    Bei der Masse von Menschen, die in der Bundesrepublik leben und denen zur Zeit keine direkte Verbindung zu Terror-Organisationen nachgewiesen werden kann, kommt es doch auf eine "Handvoll" weiterer nicht an.

     

    Die Gefahr, dass diese gerade bei uns zum Terror greifen, halte ich für sehr gering. Sie werden hier ein nettes Grundauskommen haben und werden als Opfer und Augenzeugen der westlichen Barbarei von Veranstaltung zu Veranstaltung weiter gereicht. Als "Friedens"-Multiplikator (auch Hetzer genannt) sind die doch viel zu wichtig.

  • N
    Neuling

    Ich kann immer noch nicht verstehen warum diese Häftlinge nicht in Amerika bleiben. Amerika hat diese verschleppt und dafür gesorgt, das diese nicht mehr in ihre Heimatländer können. Also nach dem Verursacherprinzit bleibt Amerika über oder entsprechende Ausgleichszahlungen an die Aufnehmenden Länder.

     

    Kritik an Israel wird aber immer noch abgelehnt, als wenn überhaupt keine Kritik an diesem Staat erlaubt sein darf. Israel ist ein Staat der kritisiert werden darf wie jeder andere auch, oder nicht?

     

    Judentum ist ein Aberglaube wie das Christentum oder Islam oder.....! Und kann insofern nicht kritisiert werden, da es keinen Gott (oder Alah oder, oder) oder ähnliches gibt.

  • Z
    Zalu

    Einen haben wir ja schon hier. Murat Kurnaz. Er ist absoluter Held bei den Islamisten hierzulande. Ich denke mal das wird bei diesen Leuten auch nicht anders sein. Der Staat ist generell zu lasch gegenüber den Islamisten. Andererseits gilt natürlich das wir den Amis entgegenkommen müssen. Aber besser wäre schon die Rückkehr in ihr Heimatland oder irgendein anderes islamischisches Land.

  • S
    Stefan

    Erst ein Kommentar und schon sind wieder die Juden Schuld. Manche Leute scheinen immer noch zu glauben es gebe ein "Weltjudentum" das die ganze Welt beherrscht. Vielleicht ist Frau Merkel auch von sich aus im Sinne eines gewissen Humanismus bereit einigen der Häftlinge Asyl zu gewähren, weil ihnen in ihren meist diktatorischen Heimatländern weitere Verfolgung droht. Was ich allerdings nicht verstehe ist warum man unbedingt einen Palestinänser aufnehmen muss, zumindest im Gazastreifen würde dieser wohl eher als Held gefeiert werden. Bei den chinesischen Uiguren kann ich das schon eher nachvollziehen. Eine Entlassung in ihre Heimatländer aus denen sie entführt wurden und wo ihre Familien leben wäre, wo vertretbar, immernoch die für alle beteiligten beste Lösung.

  • M
    MaraL

    Nein, nicht willkommen. Grund: wenn diese Leute nach Deutschland könnten, wieso können diese dann nicht genauso gut in den USA als Verschlepper - und Verursachernation bleiben?

    Das ist das Gebot!

    Oder muß Frau Merkel ihre vor Kurzem zaghaft geäußerte Kritik an Israel büßen, indem sie hier Zugeständnisse macht?