Grundschüler und 15-jährige im Schultest: Bei Iglu hui, bei Pisa pfui
Neue Schulleistungsstudien werden veröffentlicht. Was haben deutsche Zehn- und 15-Jährige beim Lesen dazugelernt?
BERLIN taz Mit zehn Jahren ist die deutsche Schülerwelt noch in Ordnung. Das dürfte das Ergebnis der neuen Internationalen Grundschulleseuntersuchung Iglu sein, die am Mittwochnachmittag vorgestellt wird. Bei der letzten Lesestudie hatte Deutschland - anders als bei der Pisa-Studie - sehr gut abgeschnitten, dem Vernehmen nach könnte es diesmal ähnlich aussehen.
Deutschland war bei Iglu im Jahr 2001 auf Platz 11 von 30 Nationen gelandet. Das Bundesland Baden-Württemberg lag damals sogar auf Platz 3, wichtiger waren die Kompetenzwerte: 21 Prozent der Grundschüler erreichten damals die höchste Lesekompetenzstufe. Allerdings: Auch bei den Grundschülern zeigte sich, was schon die Schulleistungsstudie Pisa ergeben hatte - die soziale Abhängigkeit. Die Chance eines Akademikerkindes, aufs Gymnasium zu kommen, war demnach laut Iglu 563 Prozent höher als die eines Arbeiterkindes. Die baden-württembergische Leistungselite ist demnach eine Geburtselite.
Von den aktuellen Ergebnissen sickerte bis Redaktionsschluss am Dienstag allerdings nichts durch. Durfte es keinesfalls, denn die Macher der Studie haben hohe Strafgebühren angedroht bei Bruch der Sperrfrist. Deswegen gab es hektische Versuche, die Kultusminister dazu zu bewegen, die Studie vor dem geplanten Termin um 16 Uhr zu veröffentlichen. Das Papier hat 1.000 Seiten - unmöglich, dies in rund einer Stunde zu lesen und zu schreiben. Allerdings weigerte sich eine Kultusministerin der CDU standhaft, den Reportern einen Lesevorsprung zu geben.
Die neue Pisa-Studie folgt kommenden Dienstag, und da ist noch mehr Stress zu erwarten. Denn Pisa 2006 wird, exakt sechs Jahre nach Pisa 2000, so etwas wie eine Generalabrechnung mit der Leistungsfähigkeit des deutschen Schulsystems. Die entscheidende Frage wird sein: Schneiden die Jugendlichen bei der Lesefähigkeit, die nun zum dritten Mal gestestet wurde, besser ab - oder wird es wieder rund 22 Prozent sogenannter Risikoschüler geben?
So gut wie bei Iglu werden die 15-jährigen Schüler kaum abschneiden. Auch wenn diesmal der Schwerpunkt der Studie erstmals auf Naturwissenschaften liegt. Dabei wird etwa gefragt, was saurer Regen bedeutet und wie er sich auf die Beschaffenheit auf die Marmostatuen der Akropolis auswirkt. Immerhin die Hälfte der insgesamt 400.000 getesteten Schüler beantworteten diese Frage richtig. In Deutschland haben 5.000 Schüler an Pisa 2006 teilgenommen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!