piwik no script img

Grünes SteuerkonzeptReiche sollen für Ärmere zahlen

In der rot-grünen Koalition hatten sie ihn von 53 auf 42 Prozent gesenkt. Nun wollen die Grünen den Spitzensteuersatz wieder anheben - auf 45 Prozent. Und wer profitiert?

Dienstwagenprivileg? Wartet nur ab, Manager! Da gibts bald nichts mehr abzusetzen. Bild: DPA

BERLIN taz Die Grünen setzen in der Steuerpolitik auf eine Entlastung von kleinen und mittleren Einkommen. Durch eine Anhebung des Spitzensteuersatzes und den Wegfall von Vergünstigungen soll diese gegenfinanziert werden. Dadurch soll der Steuerausfall auf 1,5 Milliarden Euro begrenzt werden. Das ist das zentrale Ergebnis einer parteiinternen Arbeitsgruppe, die im Vorfeld der Bundestagswahl 2009 steuerpolitische Vorschläge erarbeitet hat.

"Anders als CDU und SPD drücken wir uns nicht um die Frage, wie kleine und mittlere Einkommen steuerlich entlastet werden können", sagte Christine Scheel, Leiterin der Arbeitsgruppe und Vizevorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, am Donnerstag. "Aber anders als CSU und FDP wollen wir auch keine Löcher in die öffentlichen Haushalte reißen." Diese beiden Parteien hatten Steuerkonzepte vorgestellt, die deutliche Einnahmeausfälle zur Folge hätten.

Konkret wollen die Grünen den Grundfreibetrag - also den Teil des Einkommens, auf den keine Steuern gezahlt werden müssen - von derzeit 7.664 auf 8.500 Euro erhöhen. Zudem sollen statt bisher 900 künftig 2.000 Euro pauschal als Werbungskosten von der Steuer abgesetzt werden können. Durch diese beiden Maßnahmen würden dem Staat jährlich rund 6,5 Milliarden Euro an Einnahmen entgehen. Zur Gegenfinanzierung setzen die Grünen einerseits auf einen höheren Spitzensteuersatz: Von 42 soll er auf 45 Prozent steigen. Ab welchem Einkommen er künftig gelten soll, darauf konnte sich die Arbeitsgruppe nicht einigen. Im Gespräch sind Summen von 58.000 bis 70.000 Euro, sagte Scheel. Zudem sollen umweltschädliche Subventionen wie die volle Absetzbarkeit von Dienstwagen mit hohem CO2-Ausstoß reduziert werden. Langfristig sollen zudem Kinderfreibeträge und Ehegattensplitting abgeschafft und aufkommensneutral durch andere Modelle ersetzt werden.

Keine klare Haltung fand die Arbeitsgruppe zur Abgeltungsteuer auf Zinsgewinne. Strittig blieb auch die Forderung, Freibetrag und Spitzensteuersatz in fernerer Zukunft automatisch mit der Inflation zu verschieben. "Wir haben deutlich gemacht, dass das nicht unsere erste Priorität ist", sagte Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion, zur taz.

Ähnlich wie die SPD fordern die Grünen zudem niedrigere Sozialversicherungsbeiträge für Geringverdiener: Bei einem Bruttoeinkommen von 400 Euro im Monat sollten diese mit einem Satz von 20 Prozent starten und bis zu einem Betrag von 2.000 Euro linear auf 40 Prozent steigen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

3 Kommentare

 / 
  • LP
    Ludwig Paul Häußner

    GRÜN vor Neid?

     

    -----------------------------------

     

    Oben ist nicht mehr vorn! Die Spitze der GRÜNEN Partei - in Form der Bundestagsfraktion - tritt alte steuerliche Trampelpfade aufs Neue aus.

     

    Weshalb? Weil der Großteil der Mitglieder der GRÜNEN Bundestagsfraktion weder eine System der Verbrauchssteuern, nach das bedingungslose Grundeinkommen als einen Mehrwertsteuer-Freibetrag denken kann.

     

    Ebenso wenig können die meisten Bundestagsgrünen eine soziale MwSt, als neuer Bundessteuer, zur Finanzierung der Sozialkassen denken, wie sie z.B. in Frankreich diskutiert wird. Mit den daraus resultierenden Einnahmen hätten die Sozialkassen eine Sockelfinanzierung - im Gegenzug könnten die Beiträge zu den Renten- und Krankenkassen gesenkt werden. Dies würde nicht nur den Fakttor ARBEIT entlasten, sondern auch die ca. 20 Millionen RentnerInnen. Ebenso würde durch die soziale MwSt die längst überfällige, steuerfinanzierte Grundrente möglich.

     

    Statt auf die so genannten Besserverdiener mit 60 oder 70 Tausend Euro Jahresverdienst GRÜN vor Neid zu werden, würden durch diese sozialen Neuerungen Initiative weckende Rahmenbedingen geschaffen.

     

    Auch sollte der GRÜNE Neid auf das so genannte Dienstwagenprivileg schleunigst aufhören. Würde die Kfz-Steuer - ab 2010 eine reine Bundessteuer -abgeschafft und durch Ökoabgaben auf Treibstoffe mit Rückvergütung pro BürgerIn ersetzt, so zahlten die - dienstlich motivierten -Vielfahrer zuerst viel an Ökoabgaben. Die Rückvergütung der Einnahmen aus der Ökoabgabe kämen aber allen BürgerInnen gleichermaßen zu gute. Was könnte ökosozialer sein als das???

     

    Ein mittelbarer Effekt wäre, dass die Manager von Firm-Pkw-Flotten rasch auf Treibstoff sparende Autos umschwenken würden - und eine andere, nämlich zeitverzögerte Folge wäre ein höheres Angebot an Treibstoff sparenden Gebrauchtwagen.

     

    Deshalb: Neue GRÜNE brauchtdas Land - und der Bundestag im Jahr 2009.

     

    Ludwig Paul Häußner, Karlsruhe

     

    Mitglied im GRÜNEN Netzwerk Grundeinkommen

  • BW
    Bark Wind

    Die Vorschläge von Frau Scheel et al. sind m.E. immer noch viel zu nahe an denen von Westerwelle & Co. Der Grundfreibetrag sollte z.B. gesenkt! werden, auf 7000 Euro.

    Zu den sonst z.T. richtigen Ansätzen müssten noch ganz andere hinzukommen, z.B:

     

    1.- europaweite Aufhebung des Bankgeheimnisses zur Aufdeckung von Steuerhinterziehung großer Summen (ab ca. 10.000 Euro je Person),

    2.- höhere Bestrafung der "Arbeitgeber" (nicht der "Arbeitnehmer") bei sogenannter "Schwarzarbeit" und

    3.- intensivere polizeilich Fahndung nach derselben, v.a. im Bau- und Gastronomiegewerbe,

    4.- progressive Besteuerung jeglicher Art von Vermögen (Wertpapiere, Immobolien etc.), das nicht direkt dem Laufen einer Firma dient (inkl. der Versicherung der Maschinen etc.), insbesondere der Gewinne aus Mieteinnahmen ...

     

    Die Liste ließe sich noch fortsetzen ...

    (z.B. Lkw Maut erhöhen, Rüstungshaushalt senken, keynesianistisches Programm einer "Energierevolution", bzgl. Gebäudedämmung, Installation von Solaranlagen etc. - was zudem viele neue Arbeitsplätze schaffen würde ... wie im Bereich Erneuerbarer Energien ohnehin schon der Fall ...)

  • RK
    Rüdiger Kalupner

    Das ist kein 'grünes Steuerkonzept' sondern ein lächerliches, anti-grünes Konzept, das sich selbst blockiert. Und das ist gut so.

     

    Ein grünes Konzept würde das Verteilungs- und Wachstumszwang-Übel an der Wurzel packen. Das heißt eine 200 Mrd. € p.a. schwere Steuersystemrevolution konzipieren und fordern, die auf Energie- und Sachkapitaleinsatz Steuern erhebt (= ökologisch wirkende und beschäftigungssteigernde Steuern auf die Konkurrenten der Arbeit) und die Arbeit- und Leistungsbestrafungssteuern wie Einkommen-, Lohn- und Mehrwertsteuern strukturell auf Null zurückführt.

     

    Die führenden Steuerexperten der Grünen haben erneut bewiesen, dass sie zu feige sind, die ökologische Herausforderung, die in dem Sturz des Wachstumszwang-Regime besteht, zu Ende zu denken. Der Verschwendungszwang aller Produktionsfaktoren - von Arbeit durch Massenarbeitslosigkeit, von Energie- und Sachkapitaleinsatz durch Investitionszwang ist nur durch eine evolutionsprozess-logisch zu Ende gedachte ökologische Steuersystemrevolution zu beenden.

     

    Politikerfeigheit - deine Farbe ist grün!

     

    Die grüne Umverteilungslogik kann nur lauten: Ressourcen-Verschwender und die Profiteure der Kapitalstockmaximierung (= Bezieher von risikolosen Einkommen dank hoher Kapitalzinsen, kurz: die Nichtsleistenden) sollen für die Leistungen der Schaffenden zahlen.

    Zinspromille sind Volkeswille! Mit dem Fall der Zinsen für risikolose Kapitalanlagen von rd. 5% heute in den Promillebereich - nach der Steuersystemrevolution - werden in Deutschland über 150 Mrd. € p.a. von den nichtsleistenden Kapitalbesitzern zu den arbeitenden Nichtkapitalbesitzern umverteilt werden. Das sind 150 € pro Kopf und Monat!!!!, die als 'ökofinanziertes Grundeinkommen' ausgeschüttet werden können.

     

    Wann begreift die journalistische und politische Basis von Grün und Links diese selbst sich durchsetzen politische Option?