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Grüne warnen vor Scheitern

Weltweiter Kongreß ökologischer Parteien in Rio/ Appell an die historische Verantwortung der Staatschefs/ Grüne Internationale gegründet  ■ Aus Rio Astrid Prange

Ein grüner Appell in letzter Minute: zwei Tage vor Beginn des Umweltgipfels in Rio mahnten grüne Abgeordnete aus 29 Ländern die Staatsoberhäupter, ihre historische Verantwortung für den Planeten nicht zu verleugnen. Über hundert Regierungschefs werden zwischen dem 3. und 14. Juni an der UNO-Konferenz über Umwelt und Entwicklung (UNCED) in der Zuckerhutstadt teilnehmen. Für die Vertreter der grünen Parteien aus aller Welt sind einzig die reichen Industrienationen in der Lage, den Strukturwandel vom aktuellen Verschwendungsmodell zur nachhaltigen Entwicklung in Gang zu bringen. Die Schuld an dem vorprogrammierten Scheitern der Umweltkonferenz tragen nach Ansicht der grünen Abgeordneten die Spitzenpolitiker, die noch immer für einen Fortschritt einträten, der lediglich auf industriellem Wachstum und Profitstreben beruhe. „Dieses vom vergangenen Jahrhundert übernommene Wachstumsmodell ist nicht mehr gültig. Es gleicht einer tödlichen Injektion“, heißt es in der Abschlußerklärung des Kongresses. Der erste Schritt in Richtung umweltverträgliches Wachstum ist nach Ansicht der Parlamentarier die Einführung einer Steuer auf nicht regenerierbare Energien und Kohlendioxidemissionen in den OECD-Staaten (die westlichen Industrienationen und Japan). Aus den Steuereinnahmen soll die Forschung nach neuen Energiequellen und Einsparungsmethoden finanziert werden.

„Es ist ein Skandal, daß die Regierung Kohl sich bei der Energiesteuer von politischen Entscheidungen in den USA und Japan abhängig macht“, erklärt die grüne Europaabgeordnete Eva-Maria Quistorp, die zusammen mit ihrer Kollegin Claudia Roth an dem Kongreß der Grünen in Rio teilnahm. Deutschland sollte als Wirtschaftsmacht selbständig entscheiden und mit gutem Beispiel vorangehen.

Entrüstet zeigten sich die Delegierten auch über die rigorosen Sicherheitsvorkehrungen anläßlich der UNCED in der Stadt. Alle Hauptverkehrsstraßen werden von Soldaten bewacht, auf die zahlreichen Elendsviertel sind schußbereite Panzer gerichtet. „Statt einem Umweltschutztreffen auf höchster Ebene gleicht die Konferenz einer militärischen Übung zum Schutz von Staatsoberhäuptern“, heißt es im Abschlußkommuniqué des grünen Kongresses. Das spürbarste Ergebnis von Rio würden massive Verkehrsstaus und eine häßliche Erinnerung an die jüngste Militärdiktatur sein.

Für die Grünen Brasiliens ist die Menschheit für durchgreifende Änderungen noch nicht reif genug. „Wenn die Grünen überall in der Minderheit sind, wie können dann ihre Ideen auf der UNCED dominieren?“, meint Alfredo Sirkis, grüner Stadtrat in Rio, skeptisch. Sein Kollege Fernando Gabeira, Kandidat für die Grünen bei den Präsidentschaftswahlen 1989, mutmaßt, daß der Begriff „Ökologie“ nur auf der internationalen Tagesordnung stünde, um den Druck der Umweltschützer zu neutralisieren.

Um die grüne Minderheit zu stärken, wurde in Rio der Grundstein zu einer „Grünen Internationalen“ gelegt. Die „Weltweite Koordination der Grünen“ soll von einem zehnköpfigen provisorischen Lenkungsausschuß vorbereitet und im nächsten Jahr auf einem weltweiten Kongreß offiziell beschlossen werden.

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