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Grüne und Olympische SpieleEine Partei, zwei Haltungen

Kommentar von

Stefan Alberti

In München und anderswo stehen die Grünen hinter einer Olympiabewerbung, in Berlin aber nicht. Zu ihren Regierungszeiten war das noch anders.

In Sachen Olympia-Bewerbung ziehen die Grünen in Deutschland nicht an einem Strang Foto: Michael Kappeler/dpa

A ngeblich ist es alles inhaltlich begründet, nur von Sorge um den Breitensport und vor Gentrifizierung getrieben. Ablehnung einer Olympiabewerbung aus parteitaktischen Gründen heraus, um sich einem ohnehin unbeliebten Senat gegenüber profilieren zu können und nicht noch mehr Wähler an die Linkspartei zu verlieren? Nein, so etwas würden die Berliner Grünen natürlich nie tun.

Wie kommt es dann bloß, dass hier in Berlin Klara Schedlich, die Vizechefin der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, das Bündnis NOlympia unterstützt, während Grüne in anderen Bewerberstädten und -regionen eine Bewerbung mittragen? Ihre Fraktionschefin im Bayrischen Landtag etwa war 2010 noch ein Gesicht der erfolgreichen Gegenbewegung zu Winterspielen in Garmisch-Partenkirchen und München. Heute hingegen unterstützt sie mit der großen Mehrheit ihrer Fraktion den Ruf nach den Spielen im Jahr 2036, 2040 oder 2044.

Ähnlich ist die Lage in Hamburg. Schon im Sommer war von der Grünen-Fraktionschefin im dortigen Landesparlament zu lesen, die Olympischen Spiele könnten „ein Booster für den Breiten- und Vereinssport, die Paralympischen Spiele einen Schub für mehr Akzeptanz und Inklusion bedeuten. In Richtung der Gegner hieß es von ihr: „Wer heute schon ‚Nein‘ ruft, ohne zu prüfen, ob Olympia eine Chance für unsere Stadt sein kann, vergibt Möglichkeiten.“

Im Ende 2021 unterschriebenen Koalitionsvertrag der Berliner Grünen mit SPD und Linkspartei hieß es auf Seite 95 noch, man stehe einer Bewerbung unter bestimten Voraussetzungen wie etwa einer IOC-Reform „offen gegenüber“. In einer Debatte im Abgeordnetenhaus Anfang Oktober hingegen verknüpfte Vize-Fraktionschefin Schedlich ihre Olympiakritik mit grundsätzlichen Vorwürfen gegen die schwarz-rote Koalition.

Instrumentalisierung der Olympia-Ablehnung

Sie wisse schon, warum der schwarz-rote Senat sich an den Olympischen Spielen 2024 in Paris ein Beispiel nehme, sagte Schedlich dabei, an jenen Spielen also, die mehr als doppelt so viel Steuergeld wie angekündigt kosteten: „Denn damit, Versprechen zu brechen, kennt sich diese Regierung aus.“

Das soll keine Instrumentalisierung des Olympiathemas sein? Strategisch mag das ja nachvollziehbar sein: Unterstützen die Grünen eine von CDU und SPD getragene Bewerbung, so machen sie die Linkspartei zur einzigen Adresse für Olympiagegner. Die spricht anders als die Grünen weithin mit einer Stimme: Wie in Berlin lehnte die Linkspartei eine Bewerbung auch in München und Hamburg ab.

Wobei: Eine schert doch aus – ihre Rostocker Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger: Die würde sich nämlich sehr freuen, wenn ihre Stadt Ort der Segelwettbewerbe wäre. „Bei uns in Rostock geht das besonders gut“, sagt Kröger in einem offiziellen Video aus ihrem Rathaus, „Olympia ist für uns eine großartige Chance.“

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Redakteur für Berliner Landespolitik
Jahrgang 1967. Seit 2002 mit dreieinhalb Jahren Elternzeitunterbrechung bei der taz Berlin. Schwerpunkte: Abgeordnetenhaus, CDU, Grüne.
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3 Kommentare

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  • Ich finde, man kann durchaus eine grundlegende Einigkeit der Landesverbände entdecken:

    Der Berliner Landesverband ist f ü r Olympia - in München.



    Das ist der bayrische Verband auch.

    Und dieser ist g e g e n Olympia in Berlin. Genau wie der Berliner Landesverband.

    Also, schöner kann de Einigkeit doch nicht sein, oder?

  • Ich finde diese Berichte greifen zu kurz.



    Mir fehlen dabei die Informationen wie es anderen Austragungsorten mit Olympia geht.



    Ich hatte mal gelesen das Montreal über Jahre die Kosten abgezahlt hat. Aber was ist mit Sydney, Athen etc. - wie sind die Anlagen genutzt, was ist mit den Sportanlagen für Schule und Breitensport, was ist mit den Quartieren und den Nahverkehrsinvestitionen passiert und wie nachhaltig war dies.



    Und in Paris wurden Menschen umquartiert damit Armut nicht stört. Wie sieht das jetzt aus und wie teuer ist denn das neue Quartier, das ja eigentlich bezahlbares wohnen in Parin ermöglichen soll.



    Neben den Fragen der Korruption innerhalb des IOC sollte das doch mal fundierte Fakten zeigen auch wie Klimaschädlich oder freundlich diese Spiele denn nun sind.

  • Die Diskussion in München ging damals quer durch die Grünen. Da waren zentrale Punkte wie der Athletentransport und die Nachhaltigkeit von Investitionen in Winter(!)sport in Deutschland ungelöst, m/w/d. Bei Sommerspielen gibt es da Unterschiede, dafür hat München, haben auch die anderen Austrageorte viel.

    Wer Olympia nicht grundsätzlich wieder auf ein anderes Maß bringen will oder auf einen Ort festlegen (wofür auch viel spräche), wird für Olympia in demokratischen Industrieländern statt diktatorischen Rohstoff-Oligarchien Argumente finden.

    Bei Berlin dreht sich einiges um die Frage, ob ein Bezug auf 1936 geschmackvoll empfunden wird oder nicht. Ob in Berlin Infrastruktur schon steht und ob man die Piepen dafür hat bzw. ausgeben möchte. Die größe Stadt Deutschlands muss nicht noch weiter aufgepumpt werden, ließe sich argumentieren (ok, das Ruhrgebiet ist deutlich größer, aber keine Stadt).



    Also: in beide Richtungen argumentieren ist wohl denkbar, also ran an die Argumente.