Grüne und Olympische Spiele: Eine Partei, zwei Haltungen
In München und anderswo stehen die Grünen hinter einer Olympiabewerbung, in Berlin aber nicht. Zu ihren Regierungszeiten war das noch anders.
A ngeblich ist es alles inhaltlich begründet, nur von Sorge um den Breitensport und vor Gentrifizierung getrieben. Ablehnung einer Olympiabewerbung aus parteitaktischen Gründen heraus, um sich einem ohnehin unbeliebten Senat gegenüber profilieren zu können und nicht noch mehr Wähler an die Linkspartei zu verlieren? Nein, so etwas würden die Berliner Grünen natürlich nie tun.
Wie kommt es dann bloß, dass hier in Berlin Klara Schedlich, die Vizechefin der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, das Bündnis NOlympia unterstützt, während Grüne in anderen Bewerberstädten und -regionen eine Bewerbung mittragen? Ihre Fraktionschefin im Bayrischen Landtag etwa war 2010 noch ein Gesicht der erfolgreichen Gegenbewegung zu Winterspielen in Garmisch-Partenkirchen und München. Heute hingegen unterstützt sie mit der großen Mehrheit ihrer Fraktion den Ruf nach den Spielen im Jahr 2036, 2040 oder 2044.
Ähnlich ist die Lage in Hamburg. Schon im Sommer war von der Grünen-Fraktionschefin im dortigen Landesparlament zu lesen, die Olympischen Spiele könnten „ein Booster für den Breiten- und Vereinssport, die Paralympischen Spiele einen Schub für mehr Akzeptanz und Inklusion bedeuten. In Richtung der Gegner hieß es von ihr: „Wer heute schon ‚Nein‘ ruft, ohne zu prüfen, ob Olympia eine Chance für unsere Stadt sein kann, vergibt Möglichkeiten.“
Im Ende 2021 unterschriebenen Koalitionsvertrag der Berliner Grünen mit SPD und Linkspartei hieß es auf Seite 95 noch, man stehe einer Bewerbung unter bestimten Voraussetzungen wie etwa einer IOC-Reform „offen gegenüber“. In einer Debatte im Abgeordnetenhaus Anfang Oktober hingegen verknüpfte Vize-Fraktionschefin Schedlich ihre Olympiakritik mit grundsätzlichen Vorwürfen gegen die schwarz-rote Koalition.
Instrumentalisierung der Olympia-Ablehnung
Sie wisse schon, warum der schwarz-rote Senat sich an den Olympischen Spielen 2024 in Paris ein Beispiel nehme, sagte Schedlich dabei, an jenen Spielen also, die mehr als doppelt so viel Steuergeld wie angekündigt kosteten: „Denn damit, Versprechen zu brechen, kennt sich diese Regierung aus.“
Das soll keine Instrumentalisierung des Olympiathemas sein? Strategisch mag das ja nachvollziehbar sein: Unterstützen die Grünen eine von CDU und SPD getragene Bewerbung, so machen sie die Linkspartei zur einzigen Adresse für Olympiagegner. Die spricht anders als die Grünen weithin mit einer Stimme: Wie in Berlin lehnte die Linkspartei eine Bewerbung auch in München und Hamburg ab.
Wobei: Eine schert doch aus – ihre Rostocker Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger: Die würde sich nämlich sehr freuen, wenn ihre Stadt Ort der Segelwettbewerbe wäre. „Bei uns in Rostock geht das besonders gut“, sagt Kröger in einem offiziellen Video aus ihrem Rathaus, „Olympia ist für uns eine großartige Chance.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert