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Grüne sollen zentralisiert werden

■ Künftiger Vorstand will Bundesarbeitsgemeinschaften fester anbinden/ Keine Mehrheit für Urabstimmung/ Soli-Fonds soll Partei finanzieren/ Bundesvorstand widerspricht taz-Darstellung/ Bundesgeschäftsführer scheide „auf eigenen Wunsch“ aus

Bonn (taz) — Der Bundesvorstand der Grünen will dem nächsten Parteitag vorschlagen, den dreizehnköpfigen Vorstand auf neun Mitglieder zu verkleinern. Künftig soll es nur noch zwei statt drei SprecherInnen geben, befand das Gremium mehrheitlich. Das endgültige Konzept soll Anfang Januar verabschiedet werden.

Die auf fünf reduzierten BeisitzerInnen sollen hauptamtlich arbeiten und die Funktion von fachorientierten Referenten wahrnehmen. Zugleich werden damit Überlegungen verknüpft, die derzeit 27 Bundesarbeitsgemeinschaften der Partei stärker an den Bundesvorstand anzubinden und auf rund 10 zu reduzieren. Innerhalb des Bundesvorstands gibt es keine Mehrheit für eine vom „Aufbruch“ und realpolitischen Kräften geforderte Urabstimmung über den künftigen Kurs der Partei oder über Strukturreform. Von den Gegnern einer Urabstimmung brauche die Partei jetzt rasche Zeichen für eine Erneuerung. Eine Urabstimmung ziehe sich bis in den Herbst 1991 und müßte auch an die Neuwahl des Parteivorstands gekoppelt sein. Mehrheitlich neigt das Gremium deshalb in der Frage der politischen Standortbestimmung dazu, bis zu dem für April 91 geplanten Parteitag den Präambelentwurf eines neuen Grundsatzprogramms zu erarbeiten und dann darüber abzustimmen.

Für innerparteilichen Sprengstoff werden die notwendigen Sparmaßnahmen sorgen. So ist der Bundesvorstand mehrheitlich dafür, den rund vier Millionen Mark umfassenden „Soli-Fonds“ der Partei künftig für die Finanzierung des grünen Parteiapparats zu nutzen, statt ausschließlich für Projekte der Dritte- Welt-Bewegung. Allerdings gibt es auch Stimmen, den Soli-Gruppen weiterhin die Zinsen von jährlich 370.000 Mark zuzusprechen. Nach den Vorschlägen des Schatzmeisters der Grünen, Axel Vogel, soll es in der Bundesgeschäftsstelle der Partei Entlassungen geben.

Zu den Auseinandersetzungen um die Unterstützung des Bundesgeschäftsführers Walde für eine PDS- dominierte Oppositionskonferenz hat der Bundesvorstand der Darstellung der taz widersprochen, Walde sei „gefeuert“ worden. Es gebe „keinerlei Zusammenhang“ zwischen seinem „Ausscheiden und seiner Unterschrift unter die Initiative“; Walde scheide vielmehr „auf eigenen Wunsch aus“. Die taz hatte berichtet, daß Walde Ende April mit einem Auflösungsvertrag ausscheiden werde, über den bereits in der vergangenen Woche diskutiert wurde. Dieses wurde in der Diskussion um die Walde-Unterstüzung noch bekräftigt. Der Bundesvorstand betonte gestern zugleich: „Grüne Funktionsträger an herausgehobener Stelle sollten sich [...] ihrer besonderen Verantwortung bewußt sein [...] Schließlich zählt ja ihre Unterschrift nicht schlicht wegen ihres Namens, sondern wegen ihres Namens in Verbindung mit ihrer Funktion.“ Die Grünen „sind kein linkes Projekt. Wer das will, muß sich jenseits und ohne die Grünen organisieren.“ Gerd Nowakowski

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