: Grüne präsentieren neues Einwanderungsgesetz
■ Bundestag und Bundesrat sollen jährlich neue Einwanderungsquoten festlegen
Bonn (taz) – PolitikerInnen von Bündnis 90/Die Grünen haben gestern einen Gesetzesvorschlag zur Einwanderungspolitik vorgestellt, der von dem in der letzten Wahlperiode vorgelegten Entwurf deutlich abweicht. Danach soll es Quoten für Einwanderinnen und Einwanderer geben, die von Bundestag und Bundesrat jährlich neu festgelegt werden. Einwanderer, die länger als fünf Jahre dauerhaft in Deutschland leben, erhalten eine Niederlassungsberechtigung, die ihnen den Status von EU-Bürgern verleiht. Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge sowie Asylbewerber werden nicht in die Quote einbezogen. Der Antrag soll nach der Sommerpause der Bundestagsfraktion der Bündnisgrünen zur Beratung vorgelegt werden.
Nach den Vorstellungen der bündnisgrünen Innen- und Rechtspolitiker ist die Einwanderung künftig wie folgt zu regeln: Einwanderungswillige stellen ihre Anträge auf Einwanderung möglichst in den deutschen Konsulaten ihrer Heimatländer. Die Botschaften sollen zu diesem Zwecke ausgebaut werden. Aus Kostengründen wollen die Grünen auf ein speziell zu schaffendes Ministerium verzichten. Die Bewilligung eines Antrags erfolgt hauptsächlich nach dem Motto, wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Dies ist eine Abkehr von dem bisher bevorzugten Punktesystem, daß bestimmte Voraussetzungen prämieren sollte wie etwa den aussichtsreichen Arbeitsplatz oder in Deutschland lebende Verwandte. Allerdings können Personen aus humanitären Gründen bevorzugt werden, beispielsweise wenn sie besondere medizinische Versorgung benötigen. Für solche Fälle ist ein Kontingent von 25 Prozent vorgesehen. Andere Fraktionen legten bisher keine eigenen Gesetzentwürfe zur Einwanderung vor.
Anders als im ersten Gesetzentwurf der Bündnisgrünen sollen Bundestag und Bundesrat jährlich eine neue Quote festlegen. Die Zahl der Einwanderer soll in der ersten Phase der der Spätaussiedler entsprechen (220.000). Ab dem Jahr 2000 wird das Vertriebenenrecht, das Vertriebene gegenüber anderen Einwanderern bevorzugt, dann durch einheitliche Kriterien abgelöst, die für alle Einwanderer gelten.
Der asylpolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Cem Özdemir, begründete den Entwurf mit der Notwendigkeit von Einwanderungen nach Deutschland. Ohne einen Zuwachs von 300.000 bis 400.000 Menschen könne die demographische Lücke nicht geschlossen werden. Er nenne dieses Argument allerdings nicht, so Özdemir, um einer bedarfsorientierten Einwanderungspolitik das Wort zu reden wie die FDP. Es gehe darum, Vorurteile zu entkräften und damit in der Gesellschaft Verbündete für ein Einwanderungsgesetz zu finden.
CSU-Generalsekretär Bernd Protzner warf den Bündnisgrünen vor, mit ihrem Vorschlag dem sozialen Unfrieden Tür und Tor zu öffnen. Die Politik habe die Pflicht, den Zustrom von Ausländern nach Deutschland zu begrenzen, „um Staat und Gesellschaft sozial und finanziell nicht zu überfordern“. Eine Gleichstellung von Aussiedlern und Einwanderern sei politisch wie historisch inakzeptabel. Markus Franz
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