Grüne nölen über Konjunkturpaket: Öko gegen Krise
Die Grünen lehnen das Konjunkturpaket der Koalition mit harscher Kritik ab - und stellen statt dessen ein grünes Investitionsprogramm vor, das Reformen ökologisch gestalten soll.
FRANKFURT/MAIN taz Mit harschen Worten bedachten die Grünen am Dienstag das zweite Konjunkturpaket der großen Koalition. "Geldverschwendung, Fehlanreize, Gerechtigkeitslücke" waren die Stichworte des Fraktionschefs Fritz Kuhn am Ende der Grünen-Fraktionsklausur in Frankfurt am Main. Die Steuererleichterungen beträfen nur fünfzig Prozent der Haushalte. Die Minierhöhung des Hartz-IV-Satzes für Kinder sei der einzige zustimmungsfähige Punkt - aber es sei ein "Bonsaipunkt", sagte Kuhn.
Die Grünen sind skeptisch, dass die geplanten Bauinvestitionen auch bei den Kommunen ankommen. Die Fraktion hatte bei ihrer Tagung im Frankfurter Städel-Museum die drei Bürgermeister von Freiburg, Stuttgart und Gelsenkirchen zu Gast. Diese erklärten ihnen, dass die Geldflüsse sorgfältig beobachtet werden müssten. Wohlhabende Gemeinden würden das Geld vermutlich nehmen, um in Dinge zu investieren, die sie ohnehin vorhatten. Hochverschuldete Kommunen aber bräuchten "besondere Finanzinstrumente", um das Geld sinnvoll investieren zu können, erklärte die Fraktionsvizechefin Bärbel Höhn. Sonst leite das Bundesland die Mittel womöglich gar nicht an die notleidende Gemeinde weiter.
Die Senkung der gerade erst erhöhten Krankenkassenbeiträge nannte Kuhn einen "Witz", ebenso die Abwrackprämie für alte Autos. "Die topfen jetzt alles ein, was sie schon immer mal machen wollten", ergänzte Ko-Chefin Renate Künast. Als Alternative hat die Fraktion in Frankfurt eine Neuauflage ihres "Grünen Investitionsprogramms" verabschiedet. Es verlangt Investitionen von insgesamt rund 40 Milliarden Euro. So verlangen die Grünen die Einrichtung eines Energiesparfonds, die Erweiterung des CO2-Gebäudesanierungsprogramms, den Ausbau der Stromnetze und des öffentlichen Fern- und Nahverkehrs. Die Hartz-IV-Sätze sollten auf 420 Euro erhöht werden. Außerdem verlangen die Grünen Geld für klimaschützende Schul- und Hochschulsanierungen.
Eingebettet sein soll das "Grüne Investitionsprogramm" in den "Green New Deal", den die Partei auf ihrem Parteitag im November 2008 formuliert hat. Demnach darf die Finanz- und Wirtschaftskrise den ökologischen Umbau nicht verhindern, sondern umgekehrt müssen alle nun anstehenden Reformen und Investitionen ökologisch sein. Ob der Begriff Green New Deal - im Herbst von einem britischen Thinktank geklaut - zur Mobilisierung im Superwahljahr 2009 taugt, stellte mancher Spitzengrüner in Frankfurt aber in Frage.
Da die Hessenwahl am Sonntag sowie die EU-Wahl im Juni für die Grünen gut laufen dürfte, war in den Hallen des Städel weder Diskussionsdruck noch sonstiger Ärger zu spüren. Nur der Haushälter Alex Bonde gab zu, dass er sich vom Ideal der Nullverschuldung ungern verabschiede: "Natürlich könnt ich nur noch weinen und kotzen" angesichts der anstehenden Neuverschuldung." Nun bleibe die Hoffnung, dass es irgendwann wieder Spielräume gebe.
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