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■ Grüne gegen Ostslawonien-Einsatz der BundeswehrSignale nach allen Seiten

Kaum ein Abgeordneter hätte vor zwei Monaten im Bundestag vom Ostslawonien-Einsatz deutscher Tornados viel Aufhebens gemacht, wenn die Bevollmächtigung zu solchen Flügen schon im Regierungsantrag zur Bundeswehrbeteiligung an der Friedenstruppe für Bosnien (Ifor) enthalten gewesen wäre. Die neue Aufgabe liegt nämlich in der Logik des damaligen Beschlusses. Nun hat das Parlament doch über die mögliche Ausweitung der Einsätze auf ein Gebiet von der Größe zweier deutscher Landkreise abgestimmt. Darauf hatte die SPD zu recht gedrungen. Sie demonstriert damit den in Karlsruhe erstrittenen Entscheidungsanspruch des Bundestags gegenüber einer Exekutive, die sich bei Auslandseinsätzen einen möglichst großen, möglichst unkontrollierten Spielraum sichern wollte.

Die Zustimmung der breiten Mehrheit überrascht deshalb viel weniger als die vielen Nein-Stimmen aus den Reihen jener 22 grünen Abgeordneten, die im Dezember unter ungleich höherem Druck noch für den Bosnieneinsatz votiert hatten. Es ist kaum zu erklären, warum das, was im Grundsatz damals noch richtig war, nun plötzlich falsch sein soll. Die von den belgischen Befehlshabern der UN-Truppen vor Ort gewünschte Absicherung eines Eventualfalles durch Luftunterstützung birgt für die Bundeswehr jedenfalls weniger Risiken als der Ifor-Einsatz und dient dem gleichen politischen Konzept. Und auch im Dezember hing der Ausgang der Entscheidung nicht vom Verhalten der Grünen ab.

Die Gründe der neuen Störrigkeit liegen nicht nur in der Sache. Die Grünen-Fraktion hat zwei Signale gesetzt. Die Botschaft an die Koalition lautet: Ihr braucht gar nicht zu glauben, ihr könntet uns bei jeder risikoreichen Entscheidung über Militär als sichere Bank verbuchen. Die Versuche hoher Militärs, die Grünen zur eigenen Legitimation zu vereinnahmen, vertrugen sich mit deren Selbstbild nur schlecht.

Noch wichtiger aber ist das Signal an die Adresse der eigenen Partei, das die Grünen-Mehrheit mit ihren Nein-Stimmen setzt. Nach der Demonstration der Selbständigkeit im Dezember zeigen die in der Fraktion mehrheitsfähigen grünen Verantwortungsethiker nun Wendigkeit auf heiklem Terrain. Wegen einer Entscheidung, die sie politisch für wenig bedeutsam halten, riskieren sie keinen neuen Grundsatzkonflikt. Ein Schelm, wer dabei an die Landtagswahlen im März denkt. Hans Monath, Bonn

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