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Grüne WocheWunsch nach mehr Regionalität

Der Bauernverband zieht eine positive Bilanz der Grünen Woche. Auf das neue "Bauernmilch"-Angebot bei Real gibt es ein gemischtes Echo.

"Bauernmilch" oder einfach nur Milch: Ein Unterschied? Bild: dpa

BERLIN taz/dpa Trotz schlechterer Stimmung bei den Bauern ist die Grüne Woche nach Ansicht des Deutschen Bauernverbands ein Erfolg. "Wer Katastrophenstimmung suchte, musste außerhalb der Messe suchen", sagte Bauernpräsident Gerd Sonnleitner am Freitag in einer vorläufigen Bilanz vor Abschluss der weltgrößten Agrarmesse an diesem Sonntag. Das Ziel von 400.000 Besuchern werde erneut erreicht. Das vor Messebeginn erhobene Konjunkturbarometer des Verbandes sank dagegen erneut. Sinkende Preise dämpften die Investitionsbereitschaft der meisten Landwirte. Sonnleitner forderte staatliche Hilfe für die Branche.

1.600 Aussteller aus mehr als 50 Ländern zeigen seit dem 16. Januar in den Messehallen am Berliner Funkturm ihre Produkte. Tierhallen und ein Erlebnisbauernhof geben Einblicke in die Landwirtschaft. "Sorgenfrei sind unsere Bauern dabei nicht", hob er hervor. Die Preise vor allem für Getreide und Milch seien weiterhin unter Druck. Der Bauernpräsident kritisierte den Handel. "Auch der Lebensmitteleinzelhandel muss zu seiner Verantwortung stehen, dass Milchbauern überleben."

Lobend äußerte sich Sonnleitner über ein neues Angebot, das die Supermarktkette Real am Freitag vorstellte: Diese will ab März in ihren Filialen unter dem Label "Bauernmilch" Produkte ausschließlich von heimischen Landwirten anbieten. Die Milch stammt von der Molkerei Milchprodukte Oberland eG aus Oberbayern. Alle Mehrerlöse würden direkt an die Bauern weitergegeben, sagte die Geschäftsführerin Anneliese Schwarzbach. Einen genauen Preis nannte sie aber nicht. Ähnliche Angebote gibt es bereits bei Lidl und Netto. "Milch soll endlich wieder wertgeschätzt und nicht über einen Billigpreis definiert werden", lobte Sonnleitner den Ansatz.

Hans Foldenauer, Sprecher des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter, sieht das "Bauernmilch"-Angebot hingegen kritisch: "Kommt Milch nicht immer vom Bauern?" Die Marketingstrategie ist für ihn eher ein Ablenkungsmanöver vom eigentlichen Problem, nämlich dem Missverhältnis von Angebot und Nachfrage. Den Ansatz zu mehr Regionalität begrüßt er hingegen - und fordert eine allgemeine Regel: "Es muss auf jeder Packung genau stehen, wo die Milch herkommt."

Was die Fairness gegenüber den "Bauernmilch"-Bauern angeht, bemängelt Foldenhauer, dass diese gerade in der Anfangsphase des Projekts weniger Geld bekommen als andere Bauern - schon allein wegen der Investitionen in Werbung. Für gefährlich hält er auch die von Sonnleitner geforderte Konzentration auf wenige große Molkereien: "Die Milcherzeuger werden dadurch immer abhängiger." Durch Vielfalt ließe sich Regionalität viel besser gewährleisten.

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2 Kommentare

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  • GK
    Georg Keckl

    Deutsche ! Kauft deutsche Zitronen !

     

    So spottete Kurt Tucholsky schon 1932 über die Beschränktheiten der nationalen Handelspolitik.

     

    Das Leitbild "GRÜN" greift diesen Slogan ihrer bürgerlichen Großväter auf auf und verpackt diese Beschränktheit in eine neue, passende Ideologie. Schon ist der Jubel, na zumindest das Wohlfühl-Gefühl über die politische Korrektheit, wieder da.

     

    Bayern hat 180% Selbstversorgung bei der Milcherzeugung. Es werden rund 7 Mio t Milch in Bayern gemolken. Die bayerischen Molkereien sammeln 9,5 Mio t Milch. Ringsum strömt die Milch nach Bayern, zu der besseren Verwertung. Wegen der auch "regionalpolitisch" begründeten Milchquote konnte ja die Milcherzeugung in einem Land nicht wachsen.

     

    Rund 1 Mio. t Milch wird weiter nach Nord-Italien geschickt.

     

    Also nun ein regionales Rezept zur Vernichtung der bayerischen Konkurrenz, sowohl der Molkereien als auch der Milcherzeuger:

     

    Kaufen Sie nun noch regional erzeugte Produkte! Ignorieren Sie nicht-regionale Produkte im Kühlregal ! Kaufen Sie in Bayern die "Bayerische Bauernmilch", nicht die "Bauernmilch", die könnte weniger regional, nämlich deutsch, oder zumindest nordbayrisch (aus Scheßlitz) sein.

     

    Unterstützen Sie die Regionalität: Keine Milch mehr nach Bayern rein. Dann gehen gleich mal ca. 10% der Molkereien dort hops. Keine Milch mehr aus Bayern raus. 50% der Erzeuger müssen aufhören und damit auch die nächsten 50% der Molkereien.

     

    Wir machen jetzt auf GRÜN-korrekte regionale "Kreislaufwirtschaft". Wir essen auch keinen Gorgonzola (aus bayerischer Milch in Italien gemacht) mehr. Wir essen Gorgonzola, politisch korrekt, aus italienischer Milch in Italien gemacht, nur noch in Italien.

     

    Liebe Grüne Fangemeinde:

    Es geht hier nicht um "regionale Produkte" sondern um Geld für die Bauernverband-treuen Milcherezuger, die jetzt auf dem "freien Markt" weniger erlösen als früher bei Müller-Milch. Dieser Verlust muß ihnen ausgeglichen werden. Das ist etwas mühsam, denn diese "freien Mengen" senken dummerweise gerade den Milch-Preis sehr. Da freut sich Herr Müller, vielleicht, jedenfalls kann er seine freie Milch günstiger einkaufen als er es müßte, wenn er die BBV-treuen Milchbauern noch unter Vertrag hätte. Wenn ich das hochrechne, hat er seit April 2008 so rund 2 Mio. Euro an Milchgeld gespart. Der ist schlau, der Herr Müller, und er versteht was von Milch. Er fördert den Milchabsatz mehr als alle anderen, die bei weitem nicht so schlau sind, es aber von sich unbeirrt glauben. Iregndwie könnte eine Förderung des Milchabsatzes doch auch gut für die Milchbauern sein ? ABER NEIN, nicht wenn Müller-Milch drin ist. Zurück zur Selbstversorgung, oder zumindest fast?

     

    Aber das spielt ja alles keine Rolle: Es lebe die Ideologie! Das ist Deutschland ! Praktisch völlig unsinning, aber ideologisch korrekt, bzw. politisch korrekt, bzw. GRÜN, neuerding Schwarz-Grün. Die Schwarzen haben ihr Brett vorm "Hirn" grün lackiert.

     

    Wir haben Recht, so völlig aus dem Bauch heraus, haben deswegen auch zwei Kriege verloren und anderes angestellt, weil es uns an einem Körperteil fehlt, dem praktischen Hinlappen, dafür ist die andere Seite, der ideologische Hirnlappen neben dem Jammerlappen, um so üppiger ausgeprägt.

     

    Grüße: Georg Keckl

  • W
    wangari

    More regional ways of distribution, especially of food, is indeed neccessary. Billions of tons of carbondioxid are emitted, resp. huge energy, is wasted, just because of stupid unneccessary transport, including air cargo.