: Grüne Welle für Busse im Norden
■ ÖPNV-Konzept für Bremen-Nord vorgestellt / Durchführungszeitraum: 20-40 Jahre
Die Zukunft gehört dem Bus. Er durchzieht ganz Bremen-Nord. Es gibt Schnell,- Regional- und Ortsbusse. Entfernung bis zur nächsten Haltestelle: 300 Meter. Auch Randbezirke und die niedersächsischen Umlandgemeinden, in denen es keinen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) gibt, kommen so zu ihrem Recht. Wo überhaupt kein Bus hinkommt, soll das Fahrrad gute Dienste leisten. Stichwort: „Bike & Ride“ (B&R). Hinzu kommen kürzere Taktzeiten mit immer gleichen Abfahrzeiten und ein einfacheres Tarifsystem.
Anerkennend quittierten die rund 60 BesucherInnen die erste Vorstellung des vollständigen „ÖPNV-Konzept Bremen-Nord 1992“. Im Auftrag der Bausenatorin wurde es vom Institut für Städtebau und Landesplanung (ISL) und einer Ingenieursgesellschaft aus Aachen erarbeitet.
Hintergrund: Wer heute Bremen-Nord per Bus oder Bahn verlassen will, muß viel Zeit mitbringen. Entweder man nimmt die City-Bahn ab Bahnhof Vegesack oder fährt mit dem Bus bis Gröpelingen und steigt von dort in die Straßenbahn. „Innerhalb“ Bremen-Nords geht es nur mit dem Bus vorwärts. Gleichzeitig verläuft quer durch die „Teilstadt“ (so Bremen-Norder Lokalpatrioten) vom Bahnhof Vegesack über Blumenthal bis nach Farge der eingleisige, rund 10,4 Kilometer lange Schienenstrang der Farge-Vegesacker Eisenbahn (FVE). Heutige Kunden sind unter anderem die Bremer-Woll-Kämmerei, das Kraftwerk Farge und die Bundeswehr. „Das ist brachliegendes Kapital“, meinen denn auch die Gutachter.
Die Wiedereröffnung der FVE für den Personenverkehr, den es hier bis 1961 gab, empfehlen sie jedoch nur als „Option, die man unbedingt im Auge behalten muß“ (ISL-Chef Gerhard Curdes).
Und: „Die Hauptbuslininen sind gut ausgebaut und alle auf den Anschluß an die City-Bahn ausgerichtet.“ Deshalb setze man auf das Bussystem. Der FVE-Schienenverkehr sollte auch in Zukunft eingleisig mit einem Dieseltriebwagen „als Inselbetrieb“ in Bremen-Nord mit guten City-Bahn- Anschluß laufen.
Geschätzte Investitionskosten allein für die FVE: Rund 30,6 Millionen Mark. Hinzu kämen noch einmal 31,5 Millionen an jährlichen Betriebskosten. Die Einnahmen werden mit 20,3 Millionen beziffert. 100.000 Mark weniger fließen durch alleinigen Busbetrieb in die Kassen. Die Investitionskosten dagegen liegen nur bei 6,6 Millionen, die Betriebskosten bei 33,4 Millionen. Prognose auf der anderen Seite: Mit oder ohne FVE würden bei diesem ÖPNV-System 60 mehr Leute befördert.
Bausenatorin Eva-Maria Lemke-Schulte will das über 150 Seiten starke Papier jetzt diskutieren lassen und es „im Herbst erneut vorlegen“. Der im Konzept niedergeschriebene Durchführungszeitraum von „20-40 Jahren“ scheint vor dem Hintergrund leerer Bremer Kassen realistisch.
Die Grünen haben unterdessen erklärt, daß die Umsetzung dieses Gutachtens die Chance für eine „echte Umsteuerung" in Richtung eines umweltfreundlichen Stadtverkehrs darstelle.
Ulf Buschmann
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