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Grüne Spitzenkandidaten für 2013Trittin tritt an

Fraktionschef Jürgen Trittin will grüner Spitzenkandidat im Bundestagswahlkampf sein. Hoffnungen der Realos auf ein Trio mit Katrin Göring-Eckardt erteilt er eine Absage.

Kampfbereit: Jürgen Trittin. Bild: dpa

BERLIN taz | Stoisch hatte Jürgen Trittin geschwiegen. Alle Fragen nach seinen persönlichen Ambitionen in der Diskussion um die Spitzenkandidaten der Grünen blockte der Fraktionschef in den vergangenen Monaten ab – mit Verweis aufs beschlossene Verfahren.

Jetzt hat Trittin sein Schweigen gebrochen: „Ich trete an und möchte einer der beiden Spitzenkandidaten von Bündnis 90/Die Grünen sein“, sagte Trittin dem Spiegel. Er könne seiner Partei im Wahlkampf 2013 helfen, wenn es um die drei zentralen Themen gehe, Verteilungsgerechtigkeit, Eurokrise und Energiewende, begründete er.

Wirklich überraschend ist diese Nachricht nicht. Trittins starke Position innerhalb der Führungsriege der Partei ist unumstritten. Der 58-jährige Fraktionschef und Ex-Umweltminister ist die wichtigste Stimme der Grünen in der Eurokrise, er hat sich eine hohe Kompetenz in Europa- und Finanzfragen erarbeitet, er hat seine Partei auf finanzielle Solidität getrimmt. Bei den Grünen zweifelte deshalb kaum jemand daran, dass Trittin sich um die Spitzenkandidatur bewerben würde. Und es gilt als wahrscheinlich, dass er im Falle einer Urwahl eine hohe Zustimmung der Basis bekäme.

Trittin teilte dem Grünen-Bundesvorstand, dem Länderrat und dem Parteirat seine Bewerbung in einem Schreiben bereits am Freitag mit. Gleichzeitig kündigte er an, erneut für seinen Wahlkreis in Göttingen kandidieren zu wollen. Und sich um Platz 2 der niedersächsischen Landesliste für die Bundestagswahl zu bewerben. Damit erklärte Trittin in einem Rundumschlag alle Ambitionen, bevor er sich am Freitag in den Urlaub verabschiedete.

Pünktliche Wortmeldung

Der Zeitpunkt von Trittins Vorstoß ist kein Zufall. Vorstand und Parteirat hatten bereits beschlossen, dass ein quotiertes Duo die Grünen im Wahlkampf anführen soll. Am 2. September will der Länderrat entscheiden, wie das Doppel gewählt wird – bei mehr als zwei BewerberInnen ist eine Urwahl geplant. Trittin meldet sich also pünktlich zu Wort. Denn bis Ende August müssen sich alle Interessierten spätestens erklären.

Parteichefin Claudia Roth hatte bereits im März in der taz angekündigt, sich zur Wahl zu stellen. Damit haben zwei Spitzenleute Interesse signalisiert, die beide dem linken Parteiflügel angehören. Spannend ist nun die Frage, ob weitere prominente Grüne antreten. Offen ist, wie sich Fraktionschefin Renate Künast entscheidet. Auch Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt werden Ambitionen nachgesagt. Beide Realas haben sich noch nicht erklärt.

Trittin nutzte das Interview, um noch zwei Botschaften zu senden. Er hob den Beschluss der Gremien hervor, nur zwei Spitzenleute zu küren. Eine solche Zuspitzung sei nötig, begründete er. Und er betonte, wer kandidiere, „muss sich einem demokratischen Votum der Partei stellen“. Das ist eine klare Ansage in Richtung mancher Realos. Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer hatte sich in einem taz-Interview für Göring-Eckardt in einem Spitzenteam starkgemacht. Dies war in der Partei als Vorschlag eines Trios gelesen worden – Roth, Trittin plus Göring-Eckardt.

Auch über ein Quartett war früher spekuliert worden. Solchen Lösungen, die den Flügelproporz wahren würden, erteilte Trittin jetzt eine Absage.

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12 Kommentare

 / 
  • M
    mitdabei

    @ webbürger, ganz deiner Meinung !

     

    wer grün, cdu, spd, fdp, rechts wählt hat uns abgeschrieben...

     

    die Panter :)

  • W
    wauz

    Fahrtrichtung Kanzleramt

     

    Es muss eine Alternative zu Dr. Merkel geben. Die Union hat aber keine. Bei der SPD gibt es Steinmeier und Steinbrück. Steinbrück ist nicht der Typ zum Kanzler. Steinemeir hat zwar alle Voraussetzungen, aber: als Kanzleramtsminister hat er keinerlei Skrupel gehabt, einen Bremer Jung im übelsten KZ der Welt versauern zu lassen. Eine Beamtenmentalität, die wunderbar in die NS-Zeit gepasst hätte...

    Bleibt also bei den Grünen Jürgen Trittin. Er kann genauso gut Dinge auf den Punkt bringen, wenn nötig auf den Tisch hauen, wie integrieren und versöhnen. Deswegen ist er der derzeit einzige Knadidat für die Nachfolge Merkels.

  • GF
    Gert Flegelskamp

    @Schlobo

     

    Die SPD ist für mich ohnehin seit Schröder nicht mehr wählbar. Ihre Unwählbarkeit wurde von Müntefering mit verschiednen Sprüchen untermauert und das Getöse, dass derzeit von Gabriel inszeniert wird, ist einfach unglaubwürdig.

    Steinbrück, der gerne als der mit großen Fachkompetenzen in Finanzfragen Supermann der SPD dargestellt wird, ist der Hauptverantwortliche (zusammen mit Asmussen) für die verbratenen Steuergelder in der IKB und der HRE.

    Das, so vermute ich, war für ihn die Eintrittskarte bei den Bilderbergern.

  • R
    reblek

    "Gleichzeitig kündigte er an, erneut für seinen Wahlkreis in Göttingen kandidieren zu wollen." - Niemand kann "ankündigen, zu wollen", sondern nur "ankündigen, zu tun", also so: "Und sich um Platz 2 der niedersächsischen Landesliste für die Bundestagswahl zu bewerben." Oder so: "Parteichefin Claudia Roth hatte bereits im März in der taz angekündigt, sich zur Wahl zu stellen." Denn niemand weiß, ob er (oder sie) morgen noch dasselbe will wie heute.

    "... die beide dem linken Parteiflügel angehören..." - Klar, wer "Hartz IV", ein nach einem verurteilten Straftäter benanntes "Sozial"gesetz und einen völkerrrechtswidrigen Angriffskrieg zu vertreten hat, kann nur "links" sein. Ha, ha, ha. Trittin war immer schon dasselbe wie Fischer: ein Karrierist.

  • W
    webbürger

    Trittin: „Deutschland verschwindet jeden Tag immer mehr, und das finde ich einfach großartig.”

     

    So jemand gehört nicht zur Wahl, sondern wegen Vaterlandsverrat vor ein Gericht gestellt.

    Wie krank ist dieses Land eigentlich schon, dass es sich gegen solche Deutschenfeinde nicht zur Wehr setzt?

  • TB
    Thorsten Büchner

    Zu weit links! Für den mach ich keinen Wahlkampf. Schön, dann hab ich kommenden Sommer mehr Zeit.

  • F
    fanny

    Die Grünen haben auch keine finanzielle

    Solidität!

    Oder haben Sie bei Rot/Grün vor Merkel

    denn nicht auch die Staatsverschuldung erhöht.

    Trittin ist ein Befürworter des ESF

    und für die Abschaffung der Souveranität

    Deutschlands. Er ist irre, zu Lasten

    der Bürger und deren Freiheit, Wohlstand

    und Rechten.

    Er ist ein Diktator der Gleichschaltungs-

    und Entrechtungsliga, der sich selber

    als aufgeklärter Kosmopolit fehlbegreift.

  • S
    schlobo

    @ Gert Flegelskamp

     

    Demnach müsste Steinbrück dann Kanzlerkandidat der SPD werden.

  • A
    Arne

    "Damit haben zwei Spitzenleute Interesse signalisiert, die beide dem linken Parteiflügel angehören. Spannend ist nun die Frage, ob weitere prominente Grüne antreten."

    Linker Parteiflügel?

    Bei den Grünen??

    Roth und Trittin???

     

    Also, das, was man heute bei den Grünen als "linken Parteiflügel" bezeichnet ist lt. Ditfurth mal in einer Kneipe von den Realos unter Anwesenheit von Trittin erfunden worden, der in Zukunft den "linken Flügel" spielen sollte, wenn alle Linken aus der Partei von Fischer und Freunden rausgeekelt wurden (Ditfruth, Trampert, Ebermann etc.).

    Aber selbst ohne solche unbestätigten Insiderinfos kann man doch wohl nicht ernsthaft von "links" reden bei Typen wie Roth oder Trittin,

    -die nicht nur dafür gesorgt haben, dass mehr und mehr Menschen durch die von ihnen gemachte Sozialpolitik mehr und mehr verelenden und aus der BRD ein großes Thatcher-England gemacht haben,

    die jeden Krieg mitgetragen haben, egal, wieviel Leid er über die Bevölkerung der Staaten gebracht hat, die sie mit atomgestählten Waffen verseucht haben,

    -die einen Atomkompromiss entworfen haben, den die CDUCSUFDP im Nullkommanix erst umdrehen konnte und der dann in noch schnellerer Zeit von der gleichen Koalition weggehauen wurde, so wie man es von den Grünen mal erwartet hätte.

     

    Trittin und Roth werden jetzt auch schon mit Palmer, Özdemir und Göring-Eckhard abgesprochen haben, dass es nach der Wahl 2013 schwarzgrün geben wird mit noch mehr Kriegen, noch mehr Sozialabbau und doch noch etwas längeren Laufzeiten. Denn für rotgrün reicht es niemals und bei den Piraten sitzen noch nicht genug Kapital-Lobbyisten, so dass diese als noch nicht koalitionsfähig für rotgrün gelten müssen.

  • T
    T.V.

    Das Tragikomische daran ist, daß Trittin ein Partei"linker" ist. Bewerft ihn mit Farbbeuteln!

  • S
    Synoptiker

    Trittin will gerne der Gerhard Schröder der Grünen sein, und die Grünen sind die neue FDP, genau so neoliberal und marktgeil!

    Und was Fr. Katrin Göring-Eckardt betrifft, so weiss sie im Moment noch nicht, wo sie die größeren Chancen hat, in der EKD oder in der Grünen-Politik. Eben eine moderne Wende-Karrieristin. Aus allem wird nichts werden, denn die Menschen sind politisch wacher als die Politiker glauben.

  • GF
    Gert Flegelskamp

    Der Bilderberger Trittin als Spitzenkandidat der Grünen macht für mich die Grünen unwählbar, beweist es doch einmal mehr, dass die Kandidatenaufstellung von den Bilderbergern vorgenommenwird und nicht von der Basis.