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Grüne InitiativeKampf gegen Tierfabriken

Ein Stall für 80.000 Schweine oder 600.000 Hühner. Den Boom solcher Mastställe könnte durch eine Novelle des Baurechts gestoppt werden. Davon jedenfalls sind die Grünen überzeugt.

Könnten mehr Platz gebrauchen: Deutsche Mastschweine. Bild: apn

BERLIN taz | Stallanlagen für 600.000 Hühner, 50.000 Puten oder 80.000 Schweine - solche geplanten gigantischen Tierfabriken will der agrarpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Friedrich Ostendorff, nun mit einer Gesetzesänderung verhindern. "Das Baugesetzbuch soll Ställe außerhalb von Wohn- und Industriegebieten nur noch erlauben, wenn die Bauern das Futter für die Tiere überwiegend auf ihren eigenen Flächen produzieren. Damit wären die Massentierhalter außen vor", sagte der Abgeordnete der taz.

Diese Betriebe hätten zu viele Tiere, um auf eigener Fläche das benötigte Futter anzubauen. Einen entsprechenden Neuentwurf des Paragrafen 35 im Baugesetzbuch stimme er gerade in seiner Fraktion ab. Widerstand in seiner Partei ist unwahrscheinlich.

Mit seinem Vorschlag will Ostendorff den Boom von Massenställen in Deutschland stoppen. Bundesweit seien 900 Stallanlagen für jeweils 40.000 Hühner geplant. Das wären insgesamt 36 Millionen Tiere. "Die Großanlagen belasten die Anwohner durch Gestank stärker, als das kleine Bauernhöfe tun", begründet Ostendorff seinen Vorstoß. Auch die Umwelt leide unter den hohen Konzentrationen von Mist und Abwässern an einem Ort.

Die Landschaft werde durch die "Blechbatterien" verschandelt, und kleine Bauern müssten wegen der Billigware aus den Tierfabriken aufgeben. Zudem tragen Riesenställe nach Meinung des Abgeordneten zur Überproduktion bei, die die Märkte in Entwicklungsländern überschwemme und so zerstöre.

Deshalb kann Ostendorff - selbst Bauer und Umweltschützer - nicht verstehen, weshalb das Baurecht ausgerechnet Massentierhalter privilegiert: Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gehören ihre Ställe zu den wenigen Gebäuden, die im Außenbereich der Gemeinden errichtet werden dürfen. "Diese Ausnahme muss gestrichen werden. Dann gibt es keine neuen Riesen-Hähnchenställe mehr", sagt Ostendorff. "Bäuerliche Betriebe dagegen, die das meiste ihres Futters selbst produzieren, dürften weiter im Außenbereich bauen."

Agrarfabriken blieben dann nur die Gewerbegebiete der Gemeinden. "Aber da sind die Vorschriften so streng, dass viele Investoren auf Neubauten verzichten würden. Zum Beispiel sind Biofilter gegen den Gestank vorgeschrieben."

Das wird die Firmen nicht freuen. Der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft lehnt den Vorschlag denn auch ab. "Im Außenbereich stören die Ställe am wenigsten. Wo sollen sie sonst hin? In Gewerbegebieten gibt es Handel, Handwerk und Fabriken. Dazu passen keine Ställe", sagt der Umweltexperte des Verbandes, Dirk Höppner. Die gesetzlichen Grenzwerte stellten sicher, dass sich die Belastungen in Grenzen hielten.

Die Verantwortung für das Schicksal kleiner Bauernhöfe im Konkurrenzkampf gegen große Mastanlagen sieht der Verband nicht bei seinen Mitgliedern, sondern beim Verbraucher: "Er kann ja auch direkt von kleinen Bauernhöfen kaufen", sagt Höppner. "Die Entscheidung trifft der Konsument."

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5 Kommentare

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  • A
    Antonietta

    Größer - schneller - billiger:

    Unter diesem Motto der Agrarindustrie leiden heute rund 150 Mill. Nutztiere in deutschen Ställen. Ob Schwein, Rind, oder Legehenne, ob Pute, Kaninchen oder Ente - sie werden verstümmelt, in enge Ställe oder Käfige gepfercht und mit Medikamenten vollgepumpt. Auf der Strecke bleiben nicht nur das Wohl der Tiere und ihre artgemäße Haltung, sondern auch Qualität, Geschmack und die gesundheitliche Unbedenklichkeit der Produkte.

  • W
    Waage

    Die Grünen sind nach wie vor die einzige Partei, die sich ernsthaft bemüht, übertriebenes und wettbewerbsverzerrendes Größenwachstum gewerblicher tierhaltender Betriebe auf Kosten der kleineren Höfe zu bremsen.

    Bin schon gespannt auf die nächste Ausgabe der Fachzeitschrift "Top Agrar". Die werden Zeter und Mordio schreien wegen "Behinderung des Strukturwandels" und mit eindeutigen Wahlempfehlungen für die NRW-Wahl nicht hinterm Berg halten.

    Das Publikum unterdessen ist skeptisch - können sich doch viele Bauern und Bäuerinnen noch gut an die relativ auskömmlichen Milch- und Schweinepreise zu rot-grünen Zeiten erinnern.

     

    Mit ihrem Vorhaben würden die Grünen bei nicht wenigen, auch konventionell wirtschaftenden Betrieben offene Türen einlaufen!

  • B
    Berni

    Ob die Grünen wissen was sich da tun? Die Investitionen in der Tierhaltung weden getrieben wegen der hohen Nachfrage nach Fleisch und nicht wegen irgendwelcher Gesetze.

    Wenn Gewerbegebiete für Tierhaltung ausgewiesen werden -das wäre die Folge- wenn der § 35.1.4 im Baugesetzbuch gestrichen oder novelliert würde dann wären der Massentierhaltung keine Grenzen mehr getsetzt. Bei eine Hühnerfarm mit ühber 100.000 Tieren kann man die Abluft filtern bei 4000 Tieren rechnet sich das nicht. Der jetzige § 35.1.4 gibt den Kommunen Gestaltungsspielraum, Gewerbegebiete für Tierhaltung dagegen fast gar nicht.

    Landwirte die dieses umgehen wollen, pachten eben Ackerfläche dazu. für einen 40 000er Hähnchenmaststall benötigt man dann zwischen 55 und 60 ha Ackerfläche. Jetzt sind alle Landwirte, wenn sie nicht gerade zum priviligierten Landadel oder zu den Schulzen und Meierhöfen gehören also viel eigenes Land besitzen, auf Pachtland angewiesen. Kleinbetriebe und auch die allermeisten Bio-Betriebe können die geforderten Pachten nicht mehr bezahlen, sie geben auf und verpachten ihre Eigentumsflächen teuer. Hier in der Gegend haben in den letzten 3 Jahren schon mehrere Bio-Betriebe aufgegeben, sie konnten die gefortderten Pachtpreise nicht mehr bezahlen. Der Acker wurde an Intensiv Tierhalter oder Biogasbetreiber verpachtet.

    Ich glaube nicht das die Grümnen dieser Entwicklung Vorschub leisten wollen. Mit einer Gesetzesänderung würde aber genau dieses passieren

  • G
    gO!Vegan

    Ohne Fleischkonsum fällt wenigstens diese Problematik weg.Und an weiteren Problemen mangelt es ja nicht;-)

  • S
    Schulz

    Ein baeuerlicher Betrieb kann ab 13 Kuehen/Rindern bereits gut existieren.

    Alles wird auf Bestellung produziert,

    nichts verkommt.

    Effektivitaet, Qualitaet (Hand-Maschinenarbeit),

    gesundes Vieh, Tierarzt, Futter (Eigenanbau?)

    einige Huehner,

    Zucht auf Bestellung,

    Hotelbelieferung, Eigenvermarktung

    und staendige Zunahme am Betriebsvermoegen.

    Jedes Kind im anderen Beruf, helfen staendig

    fast zuviel im elterlichen Betrieb aus,

    damit die auch mal aufatmen koennen.

    Ansonsten ist es zu schaffen.

    Frueh halb 4 Uhr das erste Mal melken,

    nachmittags nach 12 Stunden das zweite Mal.

    Das taeglich.

    Zwischendurch Erhaltungsarbeiten.

    Keine Ueberarbeitung...

    einige weitere Vorteile inbegriffen.